Während beim EU-Gipfel ab heute, Donnerstag, über die Bewältigung der Schuldenkrise nachgedacht wird, kauft China Europa. Die EU ringt mit dem Euro-Rettungsschirm und seiner Neugestaltung nach 2013, die Chinesen investieren derweil in Anleihen genau jener Länder, die am härtesten zu kämpfen haben. Nicht nur in der Eurozone, auch in Osteuropa. Nicht aus Nächstenliebe, sondern wirtschaftlichem Kalkül.
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Vor allem die Infrastruktur hat es den Chinesen angetan: griechische Häfen, serbische Brücken, polnische Autobahnen, rumänische Energienetze, portugiesische Reedereien. Als Nächstes soll - so internationale Beratungsunternehmen - eine europäische Bank auf dem Speiseplan Chinas stehen. Die Direktinvestitionen Chinas in Europa haben mittlerweile jene in den USA deutlich überholt. Im ersten Halbjahr wurden um 71 Milliarden Euro mehr Waren aus China eingekauft, als die EU in China absetzen konnte. Europas Kaufkraft vermehrt so den Devisenstrom nach China. Mit dem Geld investieren die Chinesen wieder in Europa.
Wenn also die EU-Regierungschefs nun zwei Sätze im Lissabon-Vertrag ändern, wird das Pekinger Regime dazu höflich lächeln. Denn dadurch wird die gigantische Umverteilungsmaschine umso besser in Gang gehalten. Die USA versuchen der Umklammerung zu entkommen, indem sie ihre Notenbank 600 Milliarden Dollar eigene Staatsanleihen kaufen lassen. Europa fördert sie dagegen mit Milliarden-Unterstützungen.
Am Ende wird sich China, das schon jetzt ein Viertel seiner Devisenreserven von umgerechnet 2700 Milliarden Dollar in Euro-Papieren hält, einiges wünschen dürfen. Wie beispielsweise einen chinesischen Gewerbepark in Rumänien. Wenn Serbien, Montenegro und irgendwann auch Moldawien der EU beitreten, werden chinesische Unternehmen dort längst etabliert sein.
Da China noch dazu seine Unternehmen mit Billigkrediten fördert und die Landeswährung nach Gutdünken festsetzt, kann kaum von einem fairen Wettbewerb die Rede sein. Auch wenn die EU-Staaten durch die Krise hochverschuldet sind, kann dies nicht in Selbstaufgabe enden. China sollte an Regeln des fairen Welthandels erinnert werden. Auch dies wäre in zwei Sätzen möglich. Noch zielführender wäre eine einheitliche EU-Wirtschaftspolitik. Dazu braucht es aber mehr als zwei Sätze.