Betroffene Staaten und Banken müssen sich Verluste teilen. | Kroes: "Einige Institute werden nicht überleben." | Brüssel. Niemand weiß, wie hoch der Anteil an derzeit unverkäuflichen Wertpapieren in den Bilanzen der europäischen Finanzinstitute ist - jetzt sollen sie aus den Bilanzen der Banken verschwinden.
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Das "wahre Ausmaß des Verlustes" durch die faulen Wertpapiere verheimlichten die Banken noch, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes am Mittwoch.
Daher ist die Grundvoraussetzung für die vom Staat subventionierte Auslagerung fauler Wertpapiere in sogenannte Bad Banks die volle Offenlegung des gesamten Bestandes, wie es in den neuen Leitlinien der EU-Kommission heißt. Diese stellen eine Diskussionsgrundlage beim Sondergipfel zur Wirtschaftskrise am Sonntag dar.
Da viele der Risikopapiere derzeit keinen Marktwert haben, sollen sie - in Risikokategorien eingeteilt - abgewertet werden. Dies muss von unabhängigen Experten durchgeführt und von den Finanzmarktaufsichtsbehörden sowie der EU-Kommission geprüft werden.
Den entstehenden Verlust sollen sich die Bank und der Staat "in angemessener Weise" teilen. Es dürfe kein Wettbewerbsnachteil für Finanzinstitute entstehen, die sich nicht auf die Hochrisikopapiere eingelassen haben, betonte Kroes.
Staaten entscheiden
Durch gemeinsame Bewertungskriterien müsse auch eine Wettbewerbsverzerrung unter den Mitgliedsstaaten vermieden werden. Die Entscheidung über die Errichtung einer Bad Bank oder Verstaatlichung der Banken liegt jedoch bei den einzelnen Mitgliedsstaaten. Wie groß der Anteil der kaputten Wertpapiere sein könnte, wollte die Kommission nicht sagen; kolportiert wurde eine Größenordnung von mehr als 18 Billionen Euro - das wäre mehr als die jährliche EU-Wirtschaftsleistung.
Die Aufteilung des Verlustes zwischen den Banken und den Staaten bei der Auslagerung soll von Fall zu Fall entschieden und muss ebenfalls von der EU-Kommission genehmigt werden. Kroes verheimlicht nicht, dass einige Institute die Abschreibungen wohl nicht überleben werden: Banken müssten umstrukturieren; jene, die nicht gerettet werden könnten, abgewickelt werden, sagte sie. "Wir müssen von vorne anfangen."
Neue Bankenaufsicht?
So geht es auch dem Projekt eines gemeinsamen EU-Bankenaufsichtssystems,das bisher stets am Widerstand der Mitgliedsstaaten gescheitert war. Eine von Barroso einberufene Expertengruppe unter dem früheren französischen Zentralbanker Jacques de Larosiere schlägt die Schaffung dreier europäischer Aufsichtsbehörden vor. Sie sollen jeweils für den grenzüberschreitenden Banken-, Versicherungs- und Wertpapiersektor zuständig sein.
Ein Gremium der Nationalbankgouverneure, der Chefs der neuen Agenturen und der EU-Kommission soll regelmäßig drohende Gefahren für den Finanzsektor evaluieren.