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Politische "Selbstverpflichtung" der EU-Länder? | Kriterien für Tests noch offen. | Brüssel. Die Staats- und Regierungschefs sollen bei ihrem Treffen Ende der Woche politisch verbindliche gemeinsame Standards für die Stresstests beschließen, die noch vor Jahresende an den 143 Atomkraftwerken Europas durchgeführt werden sollen. So skizzierte EU-Energiekommissar Günther Oettinger die Zielsetzung nach einer Sondertagung der Energieminister am Montag. Bisher waren nach der Katastrophe in Japan bloß Tests vereinbart worden. Laut Tamas Fellegi, Entwicklungsminister des Vorsitzlands Ungarn, besteht "der gemeinsame Wille, die Suche nach Kriterien zu beginnen." Wichtig sei auch die Teilnahme der Nachbarländer Schweiz, Türkei und Ukraine.
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Der österreichische Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner betonte, dass die Tests verbindlich und die Ergebnisse transparent sein müssten. Ansonsten sei die ganze Übung "wertlos". Sein deutscher Kollege Rainer Brüderle unterstützte Mitterlehners Forderung nach verpflichtenden Tests ausdrücklich. Mehr als eine Selbstverpflichtung sei aber realistischer Weise nicht machbar, relativierte er. Sowohl die Auswahl der Energiequellen als auch die Detailausgestaltung der Sicherheitsmaßnahmen in Kraftwerken sind Kompetenzen der Mitgliedstaaten und nicht der EU.
Kein Land gegenSicherheitsprüfungen
Wie berichtet, sollen die Standards die Gefährdung der EU-Meiler durch Erdbeben, Überflutung, Terrorangriffe und Cyberattacken, die Funktionsweise der Kühl- und Notkühlsysteme sowie das Alter betreffen. Der Wert der Tests hänge an den konkreten Kriterien, so Brüderle. Trotz extrem unterschiedlicher Meinungen zur Atomkraft habe sich kein Land gegen Sicherheitsüberprüfungen ausgesprochen, meinte er.
Für einen EU-weiten Atomausstieg gebe es jedoch mittelfristig kaum Chancen, räumte Mitterlehner ein - er sah aber Diskussionsbereitschaft über die mittelfristige Erhöhung des Anteils an Erneuerbaren Energien. Es habe "beinharte Auseinandersetzungen" zwischen den Atomkraftländern und -gegnern gegeben. Unterstützt worden sei Österreich bloß von Dänemark, Griechenland, Irland, Luxemburg und "mit Abstrichen" von Deutschland.
Derzeit verfügen 13 EU-Staaten über Atomkraftwerke, Länder wie Frankreich halten offensichtlich nichts von einem Ausstieg. Polen, Italien und die baltischen Staaten erklärten laut Brüderle, an ihren Einstiegsplänen festzuhalten. Kein Atomkraftland außer Deutschland kündigte eine Wende an, wie sie Kanzlerin Merkel durch die Aussetzung der Laufzeitverlängerung für ältere Meiler angekündigt hatte.