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EU-Erweiterung gewinnt an Fahrt

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Serbien stellt heute Beitrittsantrag. | Türkei eröffnet weiteres Verhandlungskapitel. | Brüssel. Seit vier Tagen dürfen sie ohne Visum in die EU einreisen. Nun wollen die Serben noch näher an die Union rücken. Der EU-Beitrittsantrag aus Belgrad wird für heute, Dienstag, erwartet, wie der schwedische Außenminister und scheidende EU-Vorsitzende Carl Bildt bestätigte. Zuvor konnten bereits Fortschritte in den Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und der Türkei verbucht werden.


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Damit rundete sich das Bild ab, dass die EU-Erweiterung in den letzten Monaten wieder etwas an Fahrt gewonnen hat. Schweden sei es gelungen, die Totalblockade am Westbalkan zu überwinden und die Gespräche mit Ankara voranzubringen, sagte Bildt.

Der Antrag Serbiens heißt freilich noch nicht, dass die konkreten Verhandlungen auch demnächst aufgenommen werden. Erst einmal muss noch ein EU-Annäherungsabkommen von allen 27 EU-Ländern ratifiziert werden, bevor das Land offiziellen Kandidatenstatus erlangen kann. In rund einem halben Jahr könnte es soweit sein, wenn die serbische Kooperation mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag nicht maßgeblich nachlasse, erklärte der Schwede.

Kroatien schließt ab

Erst vor etwa eineinhalb Wochen hatte Chefankläger Serge Brammertz erstmals seine Zufriedenheit über die Zusammenarbeit erklärt. Die Niederlande waren daraufhin von ihrer Bedingung abgerückt, für eine weitere EU-Annäherung Serbiens ultimativ die Auslieferung des serbischen Ex-Generals Ratko Mladic zu verlangen. Der wird wegen der Verantwortung für das Massaker an mindestens 8000 Zivilisten in Srebrenica 1995 gesucht.

Kroatien konnte unterdessen zwei neue Verhandlungsbereiche abschließen. Damit hat es 28 von 33 möglichen der sogenannten Kapitel eröffnet und 17 abgeschlossen. Der kroatische Außenminister Gordan Jandrokovic bedauerte, dass Slowenien drei weitere Verhandlungsbereiche nicht mehr rechtzeitig deblockiert habe. "Wir wissen nicht genau, was das Problem ist", sagte er. Sein slowenischer Kollege Samuel Zbogar erklärte, es handle sich nicht um eine Blockade; die drei Kapitel seien bloß noch nicht fertig vorbereitet.

Erst vor kurzem hatte Ljubljana die lange wegen Grenzstreitigkeiten gestoppten Beitrittsverhandlungen wieder freigegeben. Jandrokovic zeigte sich optimistisch, dass die Gespräche zügig abgeschlossen und der kroatische Beitrittsvertrag noch 2010 unterzeichnet werden könne. Spätestens 2012 könnte das Land der Union beitreten.

Ein neues Kapitel eröffnen konnte am Montag auch die Türkei. Mit dem Bereich "Umwelt" hält sie bei zwölf geöffneten und einem abgeschlossenen Kapiteln. Außenminister Ahmet Davutoglu wünschte sich, dass die Verhandlungen künftig wieder schneller voranschreiten. Doch acht zentrale Bereiche sind eingefroren, weil sich Ankara weigert, seine Häfen für zypriotische Schiffe zu öffnen. In etwa noch einmal so viele Kapitel werden von Zypern, Frankreich oder Deutschland blockiert.