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EU-Erweiterung ist "Erfolgsstory"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Österreich und Deutschland profitierten besonders. | Aufholprozess der Neuen wird dauern. | Brüssel. Als "wirtschaftliche Erfolgsgeschichte" und "Win-win-Situation" pries Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia die große EU-Erweiterungsrunde vor zwei Jahren gestern, Mittwoch. Dabei handle es sich nicht um Rhetorik sondern um Fakten. "Der Wohlstand aller EU-Bürger wurde positiv beeinflusst", sekundierte der finnische Erweiterungskommissar Olli Rehn. Bis Europa wirklich zusammenwachse werde es allerdings noch dauern, meinte Katynka Barysch vom Centre of European Reform.


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Zwei Tage nach dem Jubiläum der jüngsten Erweiterung um gleich zehn Länder am 1. Mai hat die Kommission ihr 111 Seiten starkes Resümee gezogen. Langsam holen die neuen Länder auf. 3,75 Prozent Wirtschaftswachstum hätten die EU-10 von 1997 bis 2005 gehabt gegenüber nur 2,5 Prozent in den alten EU-15. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der Neuen im Osten sei von 44 Prozent des Niveaus im Westen auf gut 50 angewachsen. 90 Prozent des EU-Rechts sei voll umgesetzt, erklärte Almunia.

Börsenindex weist nach oben

Die alten Staaten haben dafür vom größeren Markt und neuen Investitionsmöglichkeiten profitiert - Deutschland und Österreich besonders. Während deutsche Unternehmen die größten Investoren in der Tschechischen Republik, Ungarn, Polen und der Slowakei seien, werden vor allem die positiven Auswirkungen auf die österreichischen Börsenkurse herausgestrichen. Seit Anfang 2003 habe sich der Index steil nach oben entwickelt, "mit Preissteigerungen um rund 260 Prozent im Vergleich zu weniger als 70 Prozent bei den Hauptindizes der Eurozone". Mehr als 80 Prozent der an der Wiener Börse gelisteten Unternehmen machten Geschäfte in den acht neuen Mitgliedsstaaten in Osteuropa. Speziell österreichische Banken und Versicherungen seien besonders gut dabei.

Von den gleichen Zahlen wie die Kommissare ausgehend, zieht Barysch einen etwas anderen Schluss. Bei einer Lohnangleichung von rund zwei Prozent im Jahr werde es noch 20 bis 30 Jahre dauern, bis die neuen EU-Länder an die reicheren alten herangekommen sind. Inzwischen müsse der Unterschied durch Arbeitsteilung genutzt und die Massenfertigung in die ärmeren Länder verlegt werden. Das helfe zwar der Volkswirtschaft als Ganzes, dafür sei die Arbeitsplatzauslagerung ein Reizthema für die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber künftigen Erweiterungsschritten. In Österreich wollen das ohnehin nur mehr knapp 30 Prozent, EU-weit noch fast 50.

Nur etwa ein bis eineinhalb Prozent der Arbeitsplätze in den EU-15 seien bisher jährlich von Betriebsverlagerungen betroffen gewesen, heißt es im Kommissionsbericht, davon "nur ein Teil" in die neuen Mitgliedsstaaten gegangen. Die Europäische Union sei weder gelähmt worden noch bankrott gegangen, wie es Erweiterungskritiker vorhergesagt hätten, meinte Rehn.