Deutsche und Österreicher profitieren enorm von der europäischen Integration. Das Ansehen der EU unterscheidet sich jedoch stark.
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Als Kontinent ist Europa eigentlich nicht wegzudenken. Zwar sieht unser Kontinent auf dem Globus nur wie eine kleine Ausbuchtung der eurasischen Landmasse aus. Aber bis dieser Kontinent Europa verschwindet, müssten selbst der Klimawandel und das Schmelzen der Pole noch einiges in Bewegung setzen.
Die Europäische Union ist viel zerbrechlicher als der Kontinent, auf dem sie seit knapp 65 Jahren existiert. Neben alten Reichen wie China und älteren Nationalstaaten wie Frankreich wirkt die EU manchmal wie ein Start-up. Viele halten das für genial: Jahrhundertelang verfeindete Völker tragen ihre Konflikte heute nicht mehr auf dem Schlachtfeld aus, sondern an Verhandlungstischen und auf Zeitungsseiten. Andere finden, dass die EU eigentlich nichts hinbekomme. Die Kritik an "denen in Brüssel" ist in den vergangenen Wochen der Corona-Krise eher gewachsen.
Kürzlich ist mir eine Umfrage über die Stimmung in Österreich in die Hände gefallen. Demnach attestieren lediglich 36 Prozent der Befragten in Österreich der EU ein positives Image, nur wenig mehr (41 Prozent) halten gar die EU-Mitgliedschaft für eine gute Sache. Fast die Hälfte bezweifelt, dass Österreich davon profitiert.
Woran liegt das? Dass auch die EU Fehler macht und besser sein könnte, hat zuletzt die Bestellung der Corona-Impfstoffe gezeigt. Was mich aber stutzen lässt, ist dies: Österreicher geben der Europäischen Union die schlechtesten Noten im Vergleich der EU-Länder - selbst die Menschen in Ungarn und Polen lassen die EU viel besser wegkommen, obwohl sie doch als besonders EU-kritisch gelten. Auch in Deutschland erfährt die EU derzeit eine solide Unterstützung von etwa 80 Prozent.
Mich würde Ihre Meinung hierzu interessieren. Im Austausch biete ich meine vorab an: Österreich und Deutschland - exportabhängig, mitten auf dem Kontinent, mit einer kriegerischen Geschichte - profitieren gleichermaßen von der EU: wirtschaftlich, politisch, kulturell. Die Europäische Union ist keine Behörde in Brüssel, sondern das sind wir: die Menschen, die Völker, die Regierungen. Die EU ist nur so gut, wie wir sie machen - oder wir sie sein lassen.
Und: Dieses Start-up ist nicht so stabil wie der Kontinent, auf dem es ruht. Die EU kann durchaus scheitern - an ihren Aufgaben, aber auch am fehlenden Rückhalt der Menschen. Wir sollten nicht mit der EU umgehen, als hätten wir eine zweite im Schrank. Oder meinetwegen im Kasten, wie man in Österreich sagt.