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EU-Feuerwehr Nicolas Sarkozy muss Brände im eigenen Land löschen

Von Alexander U. Mathé

Analysen

Seinem Ruf als Arbeitstier und Tausendsassa ist Frankreichs Staatsoberhaupt Nicolas Sarkozy auch während der EU-Ratspräsidentschaft seines Landes gerecht geworden. Wenn diese am 31. Dezember zu Ende geht und das europäische Szepter an Tschechien übergeben wird, zieht Sarkozy in Prag ein, sagen hämische Zungen. Denn trotz der Übergabe des EU-Vorsitzes wolle er weiterhin die Fäden der europäischen Politik ziehen. Zu sehr fürchtet der derzeitige Mr. Europe die EU-Skepsis tschechischer Politiker. | Dabei müsste Sarkozy eigentlich froh sein, sich von der EU losreißen und auf die Entwicklungen im eigenen Land schauen zu können. Denn während er in Sachen Wirtschaftskrise als Feuerwehr der EU aufgefahren ist, schwelen in Frankreich immer mehr Brände. Für das kommende Jahr ist eine Rezession programmiert sowie ein Anstieg der Arbeitslosenrate.


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Zugleich sind jene französischen Projekte, die Sarkozy schon auf Autopilot wähnte, ins Trudeln gekommen. Die TV-Reform, welche die Werbung im Staatsfernsehen abschaffen soll, hat er noch mit Ach und Krach durchgebracht, auch wenn die Zustimmung des Senats noch fehlt.

Beim Plan, die Sonntagsarbeit auszuweiten, musste der Präsident sogar gegen Abgeordnete der eigenen Partei kämpfen. Und bei der Schulreform, die an Oberstufen einen Wirtschaftsschwerpunkt und Förderunterricht einführen soll, geht gar nichts mehr. Schüler protestierten gegen einen gleichzeitig geplanten Lehrstellenabbau. Von bis zu 25.000 Stellenstreichungen ist die Rede.

Gerade rechtzeitig beginnen die Sozialisten aus ihrem jahrelangen Tiefschlaf aufzuwachen und nach der Wahl der neuen Parteichefin Martine Aubry wieder Oppositionspolitik zu betreiben. 4000 Änderungsanträge haben sie allein zur geplanten Neuregelung der Sonntagsarbeit eingebracht. Dazu haben alle Gewerkschaften für 29. Jänner zu einem Generalstreik aufgerufen. Gepaart mit Protesten von Schülern, Studenten und gewaltbereiten Jugendlichen könnte sich eine gefährliche Mischung ergeben, fürchtet man in Regierungskreisen.

Sarkozy will die Schulreform deshalb vorerst nicht weiter behandeln. Schließlich liegt mit der wirtschaftlichen auch eine soziale Krise samt Jugendkrawallen wie vor wenigen Jahren in der Luft.

Gleichzeitig steht der Präsident unter Druck seiner Wähler, denen er die Reformen versprochen hat. Auf diese zu verzichten, könnte ihn die nächsten Wahlen kosten. Wie es weitergehen soll, hoffen viele in der Neujahrsrede Sarkozys zu erfahren. Sie hoffen, dass er sich Frankreich nun wieder ganz widmet, damit er mit seiner Umtriebigkeit viele Brände vielleicht doch noch löscht.