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Europäisches Parlament stimmt für Abkommen. | Bedenken zu Datenschutz und langer Speicherzeit bleiben.
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Brüssel/Straßburg. Es ist eine lange Liste, die da von Kontinent zu Kontinent wandert. Name des Passagiers und seines Reisebüros, Informationen über Sitzplatz und Gepäck, Angaben über Buchung und Bezahlung - all dies und mehr wollen die US-Behörden über einen Fluggast aus der EU wissen, bevor dieser in den Vereinigten Staaten landet. Und die Europäer werden diese Daten weiterhin liefern.
Nach hitzigen Debatten und zähen Verhandlungen, die sich über acht Jahre zogen, nahm nun auch das EU-Parlament das Abkommen zwischen Union und USA über den Austausch von Aufzeichnungen über Flugpassagiere an. Fast zwei Drittel der Abgeordneten stimmten in Straßburg dafür.
Den Datensatz mit bis zu 19 Positionen soll das US-Heimatschutzministerium in erster Linie zum Zweck der Terrorismusbekämpfung verwenden. Übermittelt wird er von den Linien, die Flüge zwischen der EU und den USA anbieten. Die Angaben bleiben bis zu fünf Jahre lang gespeichert und für weitere zehn Jahre werden sie in eine "ruhende" Datenbank geschickt, allerdings werden sie nach sechs Monaten anonymisiert. Sogenannte sensible Informationen, die etwa auf religiöse und politische Überzeugungen oder Herkunft und Hautfarbe schließen lassen, sollen nach spätestens 30 Tagen gelöscht werden.
Das Abkommen, das bereits im Mai in Kraft treten soll, sei zwar nicht perfekt, räumte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström ein. Dennoch könnten die EU-Institutionen stolz darauf sein, befand sie. Die Vereinbarung sei besser als die vorangegangene und entspreche den Sicherheitsanforderungen sowohl der Union als auch der USA. Gleichzeitig gebe es Mechanismen zum Schutz der Privatsphäre der EU-Bürger.
Zehntausende Zugriffe
Genau das bezweifeln aber die Kritiker, zu denen im Europäischen Parlament Teile der Sozialdemokraten und Liberalen, Grüne und Linke gehören. Sie argumentieren, dass der Datenschutz nicht genügend gewahrt werde und die Speicherzeit zu lang sei. Auch weisen sie darauf hin, dass die Angaben nicht nur bei der Terrorismusbekämpfung verwendet werden können. So dürfen die US-Behörden auf die Informationen auch dann zurückgreifen, wenn sie Fälle von grenzüberschreitenden Verbrechen orten, die in den USA mit mindestens drei Jahren Haft bestraft werden würden. Und unter manchen Umständen können sie sogar beantragen, dass sie sich selbst Daten direkt aus den Systemen der Fluglinien holen dürfen.
Das passiere gar nicht so selten, erklärte die Berichterstatterin des EU-Parlaments, die Liberale Abgeordnete Sophie in ’t Veld. Laut den Angaben europäischer Fluglinien habe es schon in den vergangenen zwei Jahren zehntausende solcher Zugriffe gegeben - und das täglich. Das Abkommen entspreche nicht im entferntesten den Kriterien, die das Parlament noch 2010 aufgestellt hat, meinte die niederländische Mandatarin und ließ ihren Namen im Anschluss an die Abstimmung von dem Bericht entfernen.
Auch die meisten österreichischen Abgeordneten sprachen sich gegen die neue Vereinbarung aus. Dafür waren lediglich die ÖVP-Mandatare und Hannes Swoboda, der als Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten - wie etliche seiner Fraktionskollegen - seine Zustimmung gab. Besser dieses Abkommen als gar keines, befindet etwa Hubert Pirker, Sicherheitssprecher der ÖVP im EU-Parlament. Immerhin gebe es nun einen klaren Rechtsrahmen. Hingegen sieht SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried mit dem Vertrag einen "weiteren Schritt gesetzt, die bürgerlichen Freiheiten einzuschränken". Er kritisierte Tendenzen, "Menschen unter Generalverdacht zu stellen".