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EU gegen Steueroasen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Trusts, Stiftungen und Investmentfonds im Visier. | Ausweitung der EU-Regeln - Bank geheimnis sicher. | Brüssel. Steuerhinterziehung durch Verlagerung von Vermögen ins Ausland soll künftig schwieriger werden, wenn es nach den Plänen von EU-Steuerkommissar Laszlo Kovacs geht. Dafür soll der Informationsaustausch beziehungsweise die Quellensteuereinhebung massiv ausgeweitet werden. Das geht aus einem Entwurf der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie hervor, die Kovacs heute, Donnerstag, vorstellt.


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Das EU-Gesetz betrifft bisher praktisch nur Zinserträge im Ausland, die natürlichen Personen gehören. Die Kommission will die EU-Banken jetzt verpflichten, auch Informationen über Begünstigte hinter Stiftungen, Trusts und steuerbefreiten Gesellschaften außerhalb der EU zu nutzen. Gemäß den geltenden Anti-Geldwäschevorschriften müssen sie diese Daten bereits heute einholen, sie jedoch nicht weiterleiten oder zur Einhebung von Quellensteuern nutzen. Die Liste der betroffenen Länder liest sich neben den Nachbarländern Schweiz und Liechtenstein wie ein hochpreisiger Urlaubskatalog. Von den Bahamas über die Cayman Islands bis zu den Seychellen ist alles dabei.

Informations- beziehungsweise Quellensteuerpflicht sollen darüber hinaus auch Erträge von Investmentfonds und Lebensversicherungen erfassen, die ähnlich einer bloßen Verzinsung kaum dem Verlustrisken für das angelegte Kapital bergen. Dividenden für Aktien oder Erträge von anderen spekulativen Wertpapieren wären weiterhin nicht betroffen.

Geheimnis gewahrt

Damit attackiert Kovacs das österreichische Bankgeheimnis nicht. Informationsaustausch für alle wird nicht vorgeschlagen. Aber schon die vorgeschlagenen Ausweitungen der Richtlinie macht Österreich vom Einverständnis der Schweiz abhängig, um keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber dem Nachbarn zu haben.

Die Diskussionen könnten lange dauern: Bei Steuerfragen ist in der EU Einstimmigkeit erforderlich. Luxemburg ist wie Österreich skeptisch. Die Schweiz will vorher zumindest die Vollausbaustufe der Quellensteuer auf 35 Prozent 2011 gründlich evaluieren.

Wissen: Zinsbesteuerungs-Richtlinie

Fast alle EU-Länder melden bei Guthaben, deren Besitzer ihren Hauptwohnsitz nicht im Land haben, die Inhaber an das Heimatland. Diesem gehören die direkten Steuern für die Erträge, welche sie mit den Informationen einheben kann.

Österreich, Luxemburg, Belgien und die Nicht-EU-Länder Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco, San Marino, Jersey, Guernsey sowie acht weitere assoziierte Inselstaaten heben eine Quellensteuer von 20 Prozent ein und liefern sie abzüglich einer Verwaltungsgebühr an die Heimatländer der Guthabensbesitzer weiter. Infos über die Besitzer geben sie wegen des Bankgeheimnisses nur im Fall von Strafverfahren wegen Steuerbetrug weiter.