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Verfassungsproblematik wird im Juni behandelt | Auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel wurde der vom EU-Parlament erreichte Kompromiss der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie unterstützt. Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) sagte am Sonntag in der ORF-"Pressestunde, es sei auf dem Gipfel gelungen, konkrete Zielsetzungen zu formulieren.
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Der Kompromiss bei der Dienstleistungsrichtlinie schützt eine Reihe von Branchen vor neuer grenzüberschreitender Konkurrenz und geht damit auf Forderungen von Gewerkschaften ein. Zugleich soll Bürokratie abgebaut werden. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte, der Kompromiss sei die einzige realistische Möglichkeit, den Dienstleistungsmarkt voranzubringen.
Die EU-Kommission will Anfang April nun ihren neuen Vorschlag vorlegen, der sich am Kompromiss des Parlaments orientiert. Details sind deshalb noch offen. Die Staats- und Regierungschefs erklärten in ihrer einstimmig angenommenen Schlusserklärung jedoch bereits, sie begrüßten das Ergebnis des Parlaments und wollten die Richtlinie schnell verabschieden.
In den drei restlichen Monaten bis Juni steht unter Österreichs EU-Ratsvorsitz noch die Entwicklung eines Auswegs aus der EU-Verfassungskrise an. Auch in Sachen Erweiterung stehen mit der Entscheidung über das endgültige Beitrittsdatum für Rumänien und Bulgarien und die konkrete Eröffnung von Beitrittskapiteln mit der Türkei und Kroatien noch weit reichende Punkte bis Jahresmitte auf der Tagesordnung.
Plassnik zufrieden
Die EU-Ratsvorsitzende Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) hat die Ergebnisse des Frühjahrsgipfels der EU-Staats- und Regierungschefs am Donnerstag und Freitag verteidigt. Es sei gelungen, konkrete Zielsetzungen zu formulieren, betonte Plassnik am Sonntagvormittag in der ORF-"Pressestunde". Vereinbarte Ziele wie die Schaffung von zehn Millionen zusätzlichen Arbeitsplätzen bis 2010 seien "nicht unerreichbar". SPÖ-Europasprecher Caspar Einem sprach hingegen von "inhaltsleeren Aussagen" der Außenministerin.
Zur Frage der Wettbewerbsfähigkeit Europas betonte die Außenministerin, es gebe nicht eine einzelne Voraussetzung für Wachstum, sondern es gehe darum, "in den verschiedenen Bereichen, wo man Wachstum fördern kann, etwas zu tun". Ein "wichtiges Signal" war laut Plassnik, dass die Sozialpartner erstmals bei einem Gipfel zu Wachstum und Beschäftigung dabei gewesen seien.
Verfassung: Es wird weiter abgestimmt
Zur Verfassungsfrage wird im April ein Sondertreffen der EU-Außenminister stattfinden. Plassnik sagte allerdings, dass der Verfassungstext nicht das Thema sei, dass den Europäern derzeit am meisten unter den Nägeln brenne. Der Ratifizierungsprozess gehe in mehreren Ländern weiter. Der Entwurf war bekanntlich im vergangenen Jahr bei Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden abgelehnt worden.
Der zweite Gipfel im Juni unter österreichischer Ratspräsidentschaft wird sich aber laut Zeitplan dem Thema EU-Verfassung widmen. Die Lösung der Frage, ob der Verfassungstext, so wie er ist, tatsächlich je Gültigkeit erlangen kann oder nicht, wird dabei nicht erwartet, sondern bestenfalls ein Zeitplan, wann und in welcher Form die EU-Chefs wieder darüber reden.
Einem vermisst Konkretes
Caspar Einem (SPÖ) meinte, Plassnik habe weder zur Massenarbeitslosigkeit in der EU, zur Verfassung oder zur Erweiterung konkrete Antworten oder Vorstellungen formulieren können. Bei derartig schwammigen Positionierungen sei es nicht verwunderlich, dass die österreichische Präsidentschaft bisher ohne konkrete Ergebnisse geblieben sei. Auch für die zweite Hälfte der Präsidentschaft seien den heutigen Stellungnahmen Plassniks zufolge keine Fortschritte zu erwarten.
Grüne: Schüssel ist Atom-Fan
"Unter der Ratspräsidentschaft von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel steuert die Europäische Union auf klaren Atom-Kurs", schloss Eva Glawischnig von den Grünen aus den energiepolitischen Weichenstellungen beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs. "Schüssel lässt seit Beginn der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft jegliche europäische Initiative, jedes ambitionierte Ziel in Sachen Atom-Ausstieg und alternativer Energiepolitik vermissen. Er hat die Chance des österreichischen Ratsvorsitzes verspielt, in der EU zumindest eine Debatte über eine neue Energiepolitik abseits von Öl, Gas und Atomenergie zu initiieren", kritisiert Glawischnig.
Vahanen weist Kritik zurück
Der finnische Ministerpräsident Matti Vanhanen ist auf dem EU-Gipfel in Brüssel von Außenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) auf die vergangene Woche vom konservativen finnischen Politiker Jari Vilén geäußerten Kritik an Österreichs Vorsitzführung angesprochen worden. Vanhanen distanzierte sich laut finnischer Nachrichtenagentur STT mit Nachdruck von Viléns Äußerungen und betonte, dass es sich um die Einzelmeinung eines Oppositionspolitikers handle.