Parteien wettern gegen Brüssel. | Nur die Grünen begrüßen Beschluss. | Wien. Glühbirnen sind derzeit ein echter Verkaufsschlager. Infolge der Entscheidung der EU-Kommission, die klassischen Glühbirnen zu verbieten, kommt es zu wahren Hamsterkäufen. Kein Wunder: Ab dem 1. September werden keine Glühbirnen über 100 Watt mehr verkauft. Ab 2010 trifft das Verbot Produkte mit mehr als 75 Watt, ein Jahr später jene mit 60 Watt und ab 1. September 2012 ist die herkömmliche Glühbirne endgültig Geschichte. Ihren Platz soll die Energiesparlampe einnehmen.
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Deren Siegeszug ist somit nicht mehr aufzuhalten und wäre ohne die Brüssler Verordnung wohl nie zustande gekommen. Zu groß ist die Ablehnung dieser Lichtquelle, zu viele Fragen noch offen (siehe Kasten). Dass die EU-Kommission die Verordnung trotzdem in einem Eilverfahren unter Umgehung des EU-Parlaments durchgepeitscht hat, stößt nun auf Unmut. Damit hat der kommende EU-Wahlkampf sein erstes Thema gefunden.
"Skandal erster Güte"
Aus fast allen politischen Lagern wird scharf gegen die Glühbirnen-Verordnung geschossen. "Es ist ein Skandal erster Güte und absolut bezeichnend für die Machenschaften der Eurokraten in Brüssel", meint der freiheitliche EU-Abgeordnete Andreas Mölzer. Für ihn ist das Verbot das Werk von Industrielobbyisten. Diese Meinung teilen laut einer "profil"-Umfrage 52 Prozent der Österreicher. Tatsächlich profitieren vom Glühbirnen-Verbot in erster Linie Philips und die Siemens-Tochter Osram, die quasi ein Monopol auf die Herstellung von Energiersparlampen haben.
Aus Sicht der EU-Kommission sind allerdings die Konsumenten die großen Gewinner. Sie sollen sich trotz höherer Anschaffungskosten mit den neuen Lampen viel an Energiekosten ersparen. Dadurch gewinnt auch die Umwelt. Einwände, wonach die Lampen ob ihres Quecksilbergehalts und ihrer Leuchtfrequenz gesundheitsschädlich sind, wies die Kommission am Donnerstag zum wiederholten Male zurück.
"Anti-EU-Populismus"
Unterstützung bekommt sie in Österreich vom Fachverband für Elektroindustrie und von den Grünen. Für deren Umweltsprecherin Christiane Brunner ist das Verbot ein "wichtiger Schritt für Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Energieeffizienz", der zu einem regelrechten Innovationsschub in der Beleuchtungstechnik führen werde. Die Kritik von SPÖ und ÖVP an der Verordnung bezeichnet die Grün-Politikerin als kurzsichtigen Anti-EU-Populismus.
Dabei hält sich die SPÖ in ihrer Kritik noch eher zurück. SPÖ-Delegationsleiterin Maria Berger forderte in einem Brief an den zuständigen Kommissar Andris Piebalgs lediglich eine Verlängerung der Einspruchsfrist des Europäischen Parlaments. Dieses wurde aber in diesem Verfahren gar nicht gefragt - für ÖVP-EU-Mandatar Richard Seeber das "Grundproblem". Das Glühbirnenverbot ist Teil eines Klimapakets zur Verbesserung der Energieeffizienz, das im sogenannten Komitologieverfahren umgesetzt wird. Dabei fassen EU-Beamte unter Ausschluss einer öffentlichen Debatte bindende Beschlüsse. Ein Versuch, das Verbot dem Parlament zur Abstimmung vorzulegen, scheiterte am Umweltausschuss. Neben Berger und Seeber waren vor allem deutsche liberale und konservative Abgeordnete für eine Befassung durch das Parlament.
Aufzuhalten wäre die Verordnung - eine Richtlinie hätte vom Parlament abgesegnet werden müssen - nur noch durch den Europäischen Rat der Umweltminister gewesen. Doch die haben die Geschichte "verschlafen", sagt Seeber. Umweltminister Niki Berlakovich war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Er befand sich zu Redaktionsschluss auf dem Rückflug von einer Japan-Reise.
Das Vorgehen der EU-Kommission ist Wasser auf die Mühlen der EU-Gegner. Der Wahlkampf für die EU-Wahl am 7. Juni dürfte damit ein dominierendes Thema gefunden haben: Das Demokratiedefizit der Europäischen Institutionen.