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Kommission will eine einheitliche Gesellschaftsform. | Erleichterungen für KMU fraglich. | Wien. Es ist "der Big Mac des Gesellschaftsrechts, der europaweit überall gleich ist". So äußert sich Thomas Ratka vom Institut für Unternehmens- und Wirtschaftsrecht der Universität Wien zu dem Vorschlag der Europäischen Kommission, der auf die Schaffung einer einheitlichen Gesellschaftsform für Unternehmen in der gesamten EU abzielt. Egal ob in Polen, Österreich oder Spanien - die Gründung der sogenannten Europäischen Privatgesellschaft (EPG) soll künftig nach einem einheitlichen Standardmodell funktionieren. Bislang ist die Gründung einer Gesellschaft im Ausland eher mühselig. Es muss nämlich das Recht des ausländischen Staates angewendet werden.
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Rechtsunsicherheit
Für Unternehmen ist eine Gesellschaftsgründung jenseits der heimatlichen Grenzen daher in der Regel mit hohen Beratungs- und Dolmetscherkosten verbunden, weiß Rosemarie Schön, Leiterin der Abteilung für Rechtspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKO). Dem stimmt auch der Rechtsanwalt und Gesellschaftsrechtsexperte Clemens Völkl zu. "Außerdem gibt es eine Rechtsunsicherheit", erklärt er.
Mit diesen Schwierigkeiten würden vor allem Klein- und Mittelunternehmen (KMU) kämpfen, findet die EU-Kommission. Von den rund 23 Millionen KMU - das sind mehr als 99 Prozent aller Betriebe in der EU - würden lediglich acht Prozent einen grenzüberschreitenden Handel betreiben. Magere fünf Prozent verfügen über Tochtergesellschaften oder Gemeinschaftsunternehmen im Ausland.
Mit der EPG will die Kommission den KMU den Weg zu einer grenzüberschreitenden Tätigkeit ebnen. Die einheitliche Gesellschaftsform soll aber auch anderen Unternehmen offen stehen.
Was für Unternehmen ein Vorteil ist, dürfte die Beratungsbranche weniger freuen. Insbesondere Rechtsanwälten entgeht durch die europaweit einheitliche Gesellschaftsform ein großes Geschäftsfeld.
Kritik an dem Kommissions-Vorschlag kommt vom Österreichischen Gewerkschaftsbund. Dieser befürchtet eine Gefährdung der nationalen Sozial- und Mitbestimmungsstandards. Die WKO begrüßt die Initiative zwar, Skepsis gibt es aber bei dem vorgesehenen Mindestkapital der EPG von nur einem Euro. Das könnte nämlich zu einer Schädigung der Gläubiger führen. Diese Bedenken versuchte EU-Binnenmarkt-Kommissar Charlie McCreevy aus dem Weg zu räumen: Neue Studien würden zeigen, dass sich Gläubiger stärker an anderen Kriterien wie Cash-Flow und der Bilanz orientieren.
Allerdings lehnt auch das Justizministerium (BMJ) das Ein-Euro-Modell ab. "Der Gläubigerschutz ist uns wichtig. Wir wollen nicht, dass sich die EPG an der Limited (englische Gesellschaftsform mit einem Mindestkapital von einem Pfund, Anm.) orientiert", heißt es. In Österreich ist für die Gründung einer GmbH derzeit ein Mindestkapital von 35.000 Euro nötig.
Der Unternehmensrechtsexperte Ratka macht sich hingegen über etwas Anderes Sorgen: Da mit der EPG ein europäischer Maßstab im Gesellschafts- und auch in Teilen des Zivilrechts geschaffen wird, müsste künftig der Europäische Gerichtshof und nicht die nationalen Gerichte über Auslegungsfragen etwa zur Geschäftsführerhaftung entscheiden. Für KMU dürfte gerade das keine Erleichterung sein.