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EU-Hilfe beruhigt Märkte noch nicht

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Verhandlungen bis Monatsende fertig. | Dublin beharrt auf niedriger Unternehmenssteuer. | Harter Sparkurs unvermeidlich. | Brüssel. Nicht sehr lange währte auf den Märkten die Erleichterung über Irlands Entscheidung, die Hilfe des Euro-Rettungsschirms doch anzunehmen. Der Eurokurs war am Montagmorgen auf 1,3786 Dollar gestiegen, hatte am Nachmittag aber bereits wieder auf 1,3641 Dollar nachgegeben.


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Obwohl die EU deutlich besser vorbereitet ist als bei der Rettung Griechenlands im Frühjahr, erinnert die Marktentwicklung an damals. Auch die Risikoaufschläge für irische Staatsanleihen kletterten wieder, für zehnjährige Schuldverschreiben waren mehr als 8,3 Prozent Zinsen fällig. Analysten verwiesen darauf, dass die Umstände und das Ausmaß der Rettung eben noch unklar seien und daher auch die Unsicherheit bestehen bleibe. Der Euro könne diese Woche weiter in Richtung 1,34 Dollar sinken.

Die EU-Finanzminister und Wirtschaftskommissar Olli Rehn begrüßten dagegen, dass Irland am Wochenende eingelenkt und sich unter den Eurorettungsschirm gestellt hatte. Noch in der Nacht auf Montag gaben die Minister per Telefonkonferenz grundsätzlich grünes Licht. Bis Monatsende - also in einer Woche - könnte das Hilfskreditpaket für die Iren fertig geschnürt sein, meinte Rehn. Spätestens bis dahin sollen die technischen Verhandlungen der Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Währungsfonds mit der irischen Regierung in Dublin abgeschlossen sein.

Lange hatten sich Irlands Premier Brian Cowen und Finanzminister Brian Lenihan gegen die Anrufung der EU-Hilfen gestellt, weil das Land vorläufig gar nicht zahlungsunfähig sondern noch bis Mitte nächsten Jahres flüssig sei. Doch die Banken seien ein "zu großes Problem", räumte Lenihan schließlich ein.

Rund 50 Milliarden Euro Unterstützung brauchen die größten Problemfälle Anglo Irish Bank und Allied Irish Banks Irlands, die damit ein Defizit von 32 Prozent des BIP in den heurigen irischen Haushalt rissen. Die EZB hatte offenkundig wenig Lust, den maroden Instituten weiter frisches Geld hinterher zu werfen.

Weitere potenziell schwächere Euroländer wie Portugal oder Spanien fürchteten überdies, von den Märkten abgestraft zu werden, wenn der Rettungsschirm nicht erstmals zur Beruhigung aufgespannt wird. Er soll dafür sorgen, dass Irland für die nächsten drei Jahre zu einem leistbaren Zinssatz zu Geld kommt. Der Preis werde sich wohl an den Konditionen der griechischen Hilfskredite orientieren, die noch ohne dem Rettungsschirm festgelegt wurden, meinten Experten. Das bedeutete in etwa fünf Prozent Zinsen.

Auflagen sind unklar

Unklar sind noch die weiteren Konditionen für den Erhalt der Hilfskredite. Erwartet wird zumindest ein harter Sparkurs über die nächsten vier Jahre. Denn die Iren müssen laut EU-Vorgaben allein kommendes Jahr sechs Milliarden Euro einsparen und bis 2014 ihr Budgetdefizit wieder unter die vom Stabilitätspakt vorgeschriebenen drei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung drücken. Auf der Erhöhung der bloß 12,5 Prozent hohen Körperschaftssteuer dürfte die Kommission aber nicht vorrangig bestehen. Diese niedrige Abgabe für Unternehmen hatten die Iren vor der Katastrophe zahlreiche Niederlassungen von internationalen Konzernen angelockt. Die Erhöhung der Körperschaftssteuer könnte das dringend notwendige Wirtschaftswachstum gefährden, fürchten die Iren.

Manche andere Euroländer wie Deutschland und Frankreich hatten wiederholt darüber geklagt, dass der niedrige Steuersatz wettbewerbsverzerrend sei. In Deutschland betragen die Unternehmenssteuern knapp 30, in Frankreich sogar 34,4 Prozent. "Verfrüht" sei es unterdessen, über den finanziellen Umfang der Hilfskredite zu spekulieren, meinte der Sprecher. Geschätzt wird der Finanzbedarf aber auf 80 bis 90 Milliarden Euro.

Neben dem dreiteiligen Euro-Rettungsschirm haben auch Großbritannien und Schweden bereits bilaterale Kredite über 8 und 1,1 Milliarden Euro zugesagt, um die sich der benötigte Betrag für die anderen drei Helfer reduzieren soll.

Die Briten sind offensichtlich auch vor allem deshalb so hilfsbereit, weil ihre Banken umgerechnet fast 150 Milliarden Euro an wahrscheinlich eher schlecht einbringlichen Forderungen gegenüber den irischen Instituten haben.