Serbien erneut vor Richtungswahl. | Unschlüssig über Hilfsmaßnahmen. | Brüssel/Belgrad. Serbien steht nach der Präsidentenkür im Jänner neuerlich vor Richtungswahlen über den künftigen Weg in die EU. Nach dem Antrag der Regierung zur Ausschreibung von Neuwahlen am gestrigen Montag hat Präsident Boris Tadic 72 Stunden, um das Parlament aufzulösen und den Wahltermin auf 11. Mai festzulegen.
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Die Außenminister der Union blicken mit einiger Sorge auf den bevorstehenden Wahlkampf, der vom Kosovo und der EU-Annäherung dominiert werden dürfte. "Wir haben einen klaren Sieg der pro-europäischen Kräfte in der - bisherigen - Regierung Serbiens gesehen", sagte der gegenwärtig der EU vorsitzende slowenische Außenminister Dimitrij Rupel beim Treffen mit seinen EU-Kollegen. Immerhin hat eine Mehrheit pro-europäischer Minister entgegen dem Wunsch von Premier Vojislav Kostunica eine Resolution der Serbischen Radikalen Partei (SRS) abgelehnt.
Etwas vorsichtiger formulierte es die österreichische Ressortchefin Ursula Plassnik: Das Land sei mitten in einem "internen Klärungsprozess". Die EU solle "unaufgeregt das europäische Angebot aufrecht halten". Priorität hätten vorerst Verhandlungen über Visaliberalisierung.
Auf dem Tisch liege weiterhin ein EU-Interimsabkommen mit Serbien, das darüber hinaus etwa eine Freihandelszone beinhalten soll, sagten Diplomaten. Allerdings gebe es gemischte Signale aus Belgrad: Während manche die Angebote aus Brüssel begrüßten, riefen andere zur Zurückhaltung auf. Denn rasch könnte ein Entgegenkommen der EU von den Nationalisten innenpolitisch als Versuch gewertet werden, der Kosovo solle Serbien quasi abgekauft werden.
In Umfragen liegt die SRS von Tomislav Nikolic mit 40 Prozent vor der pro-europäischen Demokratischen Partei von Tadic mit 38 Prozent. Wie die Demokratische Partei Serbiens von Kostunica tritt die SRS für ein Ende der EU-Annäherung ein, sollte Brüssel den Kosovo nicht als Teil Serbiens bestätigen. So hat der bisherige Premier auch die Unterzeichnung des Interimsabkommens abgeblasen. Tadic hingegen will den weiteren Weg in die EU nicht von der Kosovo-Frage blockieren lassen.