Im Kosovo gehe es darum, ein "multi-nationales Polizei- und Justizsystem" zu errichten, so die Vorgabe der europäischen Mission Eulex, die dieser Tage gestartet wird. Und im Zuge dieses Systems müsse man natürlich primär die serbische Minderheit schützen. Genau diese allerdings sieht in der Eulex-Mission so etwas wie einen inakzeptablen EU-Kolonialismus. Aber auch die Kosovo-Albaner sind unglücklich mit der EU-Mission, da die Präsenz der UNO-Kräfte im serbischen Teil bestehen bleibt.
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Auffällig bei dem Ganzen ist einmal mehr die Multi-Kulti-Ideologie, die die außenpolitischen Aktivitäten der EU, insbesondere auf dem Balkan, dominiert.
Da ist mit dem alten Tito-kommunistischen Jugoslawien ein multi-ethnischer Staat wegen der historisch begründeten Spannungen zwischen einzelnen Völkern zerbrochen und den Brüsseler Polit-Strategen fällt nichts anderes ein, als eine Reihe weiterer multi-ethnischer Staaten zu schaffen. Staaten, die den Keim des Zerfalls durch die ungelösten inneren Gegensätze der Völker bereits in sich tragen. Bosnien-Herzegowina und Kosovo könnten im Kleinen die alten gesamt-jugoslawischen Konflikte wiederholen - bis zum gegenseitigen Abschlachten.
Just zum gleichen Zeitpunkt startet die EU ihr erstes Flotten-Unternehmen unter dem blumigen Codenamen "Atalanta". Eine kleine Flottille unter europäischer Flagge kreuzt nunmehr vor dem Horn von Afrika, um die somalischen Piraten Mores zu lehren. Die Union will eine der meistbefahrenen Handelsrouten wieder sicher machen. Dabei wird deutlich, dass die Union am ehesten noch dort bereit ist, sich als militärischer Faktor einzubringen, wenn es darum geht, Handelsinteressen zu wahren: die EU, als eine Art erweiterte Wirtschaftsgemeinschaft, die nur dann richtig in Saft gerät, wenn man ihr an den Geldsack greift.
Nun hat man allzu oft darüber lamentiert, dass sich die US-Amerikaner als alleinige Weltpolizisten gerieren und mit ihrem militärischen Arm, dem Nordatlantik-Pakt, weltweit ausschließlich eigene Interessen vertreten würden. Wenn nun endlich die EU auch als Global Player auftritt, müsste man eigentlich froh sein. Die EU als Faktor weltweiter Sicherheit im Kampf gegen die Piraterie, das ist durchaus sinnvoll. Und als ebenso sinnvoll muss es anerkannt werden, dass die Union in ihrem südöstlichen Hinterhof für Ordnung sorgt.
So weit so schön: Es soll uns ja wahrlich recht sein, wenn das gemeinsame Europa in der Lage ist, seine Interessen auch außerhalb des Kontinents mit Entschiedenheit zu vertreten. Und wenn auf europäischen Rand-Schauplätzen blutige Konflikte beendet werden.
Ein schaler Nachgeschmack bleibt nur, weil dabei jene seltsame Multi-Kulti-Ideologie, welche die Existenz historisch gewachsener Einheiten möglichst zu ignorieren trachtet, kultiviert wird. Und als ebenso fragwürdig darf man es empfinden, dass die Union nur dort bereit ist, stark und entschieden aufzutreten, wo es um ihre Finanz- und Wirtschaftsinteressen geht.