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EU-Institutionenreform und der Weg dahin dominieren Gipfel in Feira

Von Heike Hausensteiner, Feira

Europaarchiv

Die europäische Grundrechtscharta, die Regierungskonferenz sowie das Aktionsprogramm "e-europe" sind die wesentlichen Punkte, über die, die 15 EU-Staats- und Regierungschefs seit gestern im portugiesischen Santa Maria da Feira (südlich von Porto, der zweitgrößten Stadt des Landes) beraten. Besiegelt wurde am Montag die Aufnahme Griechenlands in die Währungsunion.


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"Große Würfe" können beim portugiesischen Abschlussgipfel in Feira nicht vorgelegt werden. War Portugal in den vergangenen sechs Monaten doch in der undankbaren Situation, dass Reformen der EU-Institutionen vorbereitet wurden (und werden), die erst unter französischer Präsidentschaft beschlossen werden sollen.

"In einem bedeutenden Moment der Entwicklung des europäischen Aufbauwerks" beglückwünschte die Präsidentin des EU-Parlaments, Nicole Fontaine, Portugal zur "Meisterschaft und Entschlossenheit", mit der das Land den EU-Vorsitz geführt habe.

Ein mündlicher Bericht über den Stand der Dinge in der Ausarbeitung der Grundrechtscharta durch den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog kam nicht zustande, da Herzog seinen Besuch wegen des Todes seiner Ehefrau (sieh Seite 1) absagte und den Vorsitz des Grundrechtskomitees zurücklegte.

Im Konvent zur Grundrechtscharta konnte bisher kein Kosens erreicht werden. Beim EU-Rat in Nizza im Dezember dieses Jahres soll der Grundrechtskatalog beschlussfertig vorgelegt werden.

Startschuss zur Institutionenreform

Die Institutionenreform, mit der sich die seit Februar laufende Regierungskonferenz befasst, steht im Zeichen der Erweiterung der Union. Unter portugiesischem Vorsitz erfolgte der Startschuss zur EU-Institutionenreform: EU-Kommission und -Parlament sollen im Hinblick auf die längerfristig auf bis zu 27 Mitgliedstaaten erweiterte Union verkleinert werden.

Die Kommission setzt sich derzeit aus 20 Mitgliedern zusammen, wobei jedes Mitgliedsland einen Kommissär entsendet, den Großen wie Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien und Großbritannien stehen derzeit je zwei Kommissare zu. Auch nach einer Erweiterung soll nach Vorschlag der Kommission die Anzahl der Kommissäre 20 nicht übersteigen. Da kaum ein Land freiwillig auf einen Posten verzichten will, soll entweder dem Kommissionspräsidenten die Auswahl übertragen oder eine Art Rotationssystem eingeführt werden.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel will jedenfalls am Prinzip festhalten, dass jedes Mitgliedsland in jedem Gremium der EU vertreten ist. Er lehnt auch eine Kürzung der Zahl der österreichischen EU-Parlamentarier ab.

Bei einem allfälligen Rotationsprinzip könnten vor allem kleinere Staaten - darunter auch Österreich - ihre Kommissäre verlieren und nur mehr in Jahresabständen die Leitung einer Kommission übernehmen. Angedacht wurde auch, die Kommissäre nach der Einwohnerzahl zu vergeben.

Eine ähnlich heikle Frage ist die Stimmgewichtung. Bundeskanzler Schüssel hatte bereits vor dem Gipfeltreffen in Feira für eine stärkere Berücksichtigung der Bevölkerungsgröße plädiert.

GASP: Beziehung zur NATO hat Priorität

In der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) hat für Außenministerin Benita Ferrero-Waldner die Beziehung zur NATO Priorität. Die Portugiesen hätten hier gute Arbeit geleistet. "Der große Wurf" werde aber erst unter französischem EU-Vorsitz erreicht: "Das EU-NATO-Sicherheitsabkommen wird es geben, und auch wir wollen in diesen Informationsprozess eingebunden sein", so Ferrero-Waldner.

Weitere Themen an der Tagesordnung in Feira: Eine verstärkte Betrugs- und Drogenbekämpfung, Unternehmenspolitik und Wirtschaftskoordination, Forschung, Sozialpolitik - und nicht zuletzt eine Reform von Artikel 7 im EU-Vertrag von Amsterdam.

Der Artikel, der das Verfahren bei Verletzung eines EU-Staates von Grundwerten festschreibt, soll nach österreichischer Vorstellung um rechtsstaatliche Elemente (Begründungspflicht, Verhältnismäßigkeit, Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof) ergänzt werden.