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EU-Knackpunkt Landwirtschaft

Von Veronika Gasser

Europaarchiv

Der Agrarsektor, jetzt schon Kernbereich der EU, wird - und muss - bei den Erweiterungsverhandlungen eine entscheidende Rolle spielen. Doch schon zuvor werden die Weichen für die kommenden Jahre gestellt. Denn im nächsten Jahr erfolgt der von Landwirtschaftsvertretern mit Spannung erwartete "Review der Agenda 2000", in dem Quoten, Direktzahlungen und Standards einer Prüfung unterzogen und eventuell neu festgelegt werden, erläutert die Bäuerin und EU-Abgeordnete Agnes Schierhuber (V) im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".


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Agnes Schierhuber, seit vielen Jahren Landwirtschaftsvertreterin, kennt die Gespaltenheit auf den verschiedenen EU-Ebenen wie Parlament, Ministerrat und Kommission sowie die daraus resultierenden Probleme. "Es ist für viele Minister ein Leichtes, radikale Positionen in Brüssel zu vertreten, aber zuhause sieht die Sache dann oft ganz anders aus."

Auch befürchtet die EU-Parlamentarierin, dass es unter den EU 15 zu einer anderen Positionierung bei Agrarfragen kommen könnte: "Deutschland ist im Begriff sich auf die Seite der Liberalisierer zu schlagen." Dann hätte es gemeinsam mit Großbritannien, Italien, Dänemark, den Niederlanden und Schweden die Stimmenmehrheit im Rat, und dies bedeute "eine Schwächung der Landwirtschaft"- auch in Hinblick auf künftige Verhandlungen. Diese Haltung, weiß Schierhuber, widerspricht den Meldungen, wonach Deutschland verstärkt auf die Bio-Schiene setzen will.

Doch ob den schönen Worten auch Taten folgen, steht noch in den EU-Sternchen. "Denn", so die österreichische Agrarvertreterin gegenüber der "Wiener Zeitung", "eine Umstellung auf 20% Bio-Landbau nützt nichts, wenn sonst auf Teufel komm raus produziert wird." Deutschland nimmt im Vergleich zu Österreich das ÖPUL-Programm nur zögerlich in Anspruch. Wünschenswert wäre jedoch eine generelle Ökologisierung der Landwirtschaft.

Dass die Erweiterungswilligen den EU-Rechtsbestand übernehmen müssen, stehe außer Zweifel. Doch "wirksame Kontrollmechanismen sind ebenso gefordert wie das Erstellen einer Agrarstatistik". In der EU sind nur 5% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig, in den Kandidatenländern beträgt der Anteil rund 20%. EU-Programme wie Phare und Interreg wären eine Chance für Grenzregionen im Übergangsprozess, wenn sie nicht nur pro forma in Anspruch genommen werden.