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EU-Kommissare: Jagd auf begehrte Jobs hat begonnen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Wien will Bereiche Umwelt, Forschung, Sicherheit oder Landwirtschaft. | Große Mitglieder haben Nase vorn. | Brüssel. Öffentlich will Kommissionspräsident José Manuel Barroso erst nach dem irischen Referendum am 2. Oktober über die Zusammensetzung seiner neuen Kommission sprechen. Doch hinter den Kulissen ist das Rennen voll angelaufen. Bereits gut die Hälfte der 27 EU-Länder hat ihre Kandidaten offenkundig in Stellung gebracht, noch mehr haben sich Ressorts gewünscht. In der Hoffnung auf ein Ja der Iren zum Lissabonner Vertrag rechnen offenbar alle Länder damit, das nächste Mal wieder einen Kommissar zu stellen.


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Barroso muss die Gratwanderung bewältigen, jedes Land möglichst zufriedenzustellen und gleichzeitig keine allzu großen Interessenskonflikte zu kreieren. So kann etwa kein Franzose Agrarkommissar werden, weil Frankreich mit gut zehn Milliarden Euro pro Jahr mit Abstand die größte Portion aus dem Agrarfördertopf bekommt. Ebenso wenig ist bei der ausgeprägten Anti-Atomkraft-Ausrichtung Österreichs ein heimischer Energiekommissar denkbar.

Große wie kleine Mitgliedsstaaten setzen auf Kontinuität, um einflussreiche Posten zu ergattern. Spanien werde wohl Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia in Brüssel lassen, hieß es in Kommissionskreisen. Sein Ressort solle sogar aufgewertet werden und künftig sämtliche Finanzmarktkompetenzen vereinen, für die bisher zum Teil der Binnenmarktkommissar zuständig war. Ebenfalls verlängert wird offenbar der Berlusconi-Vertraute Antonio Tajani, der zuletzt das für Österreich wichtige Thema Verkehr - Stichwort: Brennermaut - betreute. Der bisherige Erweiterungskommissar Olli Rehn aus Finnland wird sogar als künftiger EU-Außenminister gehandelt. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat persönlich den früheren Landwirtschafts- und Außenminister Michel Barnier ins Spiel gebracht. Binnenmarkt soll das Wunschressort der Franzosen sein. Die britische Handelskommissarin Catherine Ashton will bleiben. Falls Ex-Premier Tony Blair aber nicht erster EU-Ratspräsident nach Lissabon werde, könnte London noch auf dem Posten des Außenministers bestehen, hieß es.

Kollision Wien-Bukarest

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat längst ein zentrales Ressort reserviert. Das könnte neben den klassischen Wirtschaftsressorts auch der neu eingeplante Klimaschutzkommissar sein - oder Energie, worum auch die Slowaken mit ihrem bisherigen EU-Botschafter Maros Sefcovic rittern. Mit der Kandidatensuche wartet Merkel noch auf den Ausgang der Wahlen am Sonntag. Einen prominenten Kandidaten hat bereits Polen mit dem Wirtschaftsexperten Janusz Lewandowski für einen Posten mit hoher EU-Kompetenz wie etwa Wettbewerb ins Rennen geschickt.

Österreich hat erklärt, dass es an den Ressorts Umwelt, Forschung, Sicherheit und Landwirtschaft Interesse hat. Mit dem letzten Wunsch kollidiert Wien mit Bukarest. Bukarest hat den Landwirtschaftskommissar bereits ganz öffentlich für ihren früheren Agrarminister Dacian Ciolos beansprucht.