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EU-Kommissarin gegen Ägypter: Kulturkampf um Unesco-Chefsessel?

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Der Mehrzahl der Österreicher ist die Unesco wohl nur deshalb ein Begriff, weil mit ihr immer wieder Sträuße um die Gefährdungen des Weltkulturerbes, etwa in der Wiener Innenstadt, ausgefochten werden.


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Aber die "Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur" ist, wie der Name schon sagt, für weit mehr zuständig als für die Wahrung von Kulturschätzen.

Sie befasst sich mit Schulsystemen und will bis 2015 das Ziel "Bildung für alle" erreichen. Im Bereich der Wissenschaft wurde beispielsweise eine Erklärung zu Bioethik und Menschenrechten verabschiedet. In der Medienpolitik bemüht sich die Unesco um die Journalistenausbildung und die Pressefreiheit.

Mit diesem weit gesteckten Themenfeld soll sich ab Oktober Benita Ferrero-Waldner befassen - zumindest, wenn es nach Österreich geht. Kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist schickte Wien die bisherige EU-Kommissarin ins Rennen um die Nachfolge des Japaners Koichiro Matsuraa. Dieser war seit 1999 Generaldirektor, was die üblicherweise lange Verweildauer in diesem Amt andeutet.

Eigentlich sollte turnusgemäß ein Araber den Posten übernehmen, nämlich Faruk Husni, ägyptischer Kulturminister seit 1987. Ihm sei die Unterstützung auch vieler Europäer sicher, hatte es zunächst geheißen. Sogar Israel soll seine Gegnerschaft aufgegeben haben - auf Bitte von Ägyptens Präsident Hosni Mubarak hin, dessen Frau eine Gönnerin des Ministers und Künstlers sein soll.

Die Äußerungen von Husni in der Vergangenheit, die zunächst Israels Missfallen erregt hatten, regen aber nun andere auf. In einem offenen Brief bezogen die französischen Intellektuellen Bernard-Henri Levy und Claude Lanzmann sowie der US-Friedensnobelpreisträger Eli Wiesel Stellung gegen Husni. Wegen antijüdischer Äußerungen in der Vergangenheit sei er ein "Brandstifter der Herzen", werfen sie ihm vor. Auch deutsche Politiker sprechen sich mittlerweile gegen den Ägypter aus, der sich in einer Reaktion zumindest teilweise für seine Fehltritte entschuldigt hat.

Ein eindeutiges Bild bietet der Minister jedenfalls nicht. Als Mitglied des autoritären Mubarak-Regimes ist der abstrakte Maler auch für Medienzensur und Einschränkungen der Meinungsfreiheit verantwortlich. Andererseits hat er kürzlich gegen den Widerstand von Islamisten ein Konzert des jüdischen Dirigenten Daniel Barenboim in Kairo durchgesetzt und sich gegen eine Verschleierungspflicht für Frauen ausgesprochen.

Österreichs Außenministerium hat inzwischen dementiert, dass sich Ferrero-Waldners Kandidatur gegen Hosni richte. Auch die Unesco selbst will sich in keinen Kulturkampf hineindrängen lassen. Jetzt würden die Bewerbungen um den Chefposten - man weiß von insgesamt acht - erst einmal eingehend geprüft, heißt es. Im September soll dann der Exekutivrat einen Kandidaten vorschlagen. Für weitere Debatten bleibt also noch viel Zeit.