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EU-Kommission: "Gesellschaft zwingt Frauen in schlecht bezahlte Jobs"

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Einkommensschere weiter existent. | Brüssel. Frauen verdienen weiterhin deutlich weniger als Männer. Daran haben auch EU-Gesetze und der Gleichheitsgrundsatz im EU-Vertrag im Endeffekt nichts ändern können, bedauerte Sozialkommissar Vladimir Spidla am Mittwoch. Und Österreich ist hier überhaupt keine positive Ausnahme. Im Gegenteil: 18 Prozent niedriger ist das Gehalt für Frauen als für die männlichen Kollegen. Der EU-Schnitt liegt pro Arbeitsstunde bei 15 Prozent. Im Gegensatz dazu seien 60 Prozent der Universitätsabsolventen inzwischen weiblich. "Diese absurde Situation muss sich ändern", sagte der Kommissar.


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Die Entlohnung für gleiche oder gleichwertige Jobs für Männer und Frauen sei inzwischen annähernd gleich, sagte Spidla. Die direkte Diskriminierung sei also kein vordringliches Problem mehr. Aber Frauen arbeiteten eben weiterhin in eher schlechter bezahlten Branchen und das keineswegs freiwillig. Vielmehr handle es sich um eine "von der Gesellschaft erzwungene Wahl". Hintergrund sei, dass die unbezahlte Arbeit der Frauen zu Hause nicht gewürdigt werde, die aber notwendig sei, "damit die Welt weiter funktioniert". Nach wie vor arbeiten Männer im Schnitt lediglich sieben Stunden pro Woche im Haushalt, Frauen dagegen bis zu 35. "So geht das nicht."

Männer bevorzugt

Außerdem sei in Branchen, in denen mehr Frauen arbeiten, ein sinkendes Lohnniveau zu verzeichnen. So verstehe er nicht, warum etwa Krankenschwestern weniger verdienen als Polizisten oder Supermarktkassiererinnen weniger als ihre männlichen Kollegen, welche die Waren anliefern. "Die meisten Gehaltssysteme bevorzugen die Laufbahn von Männern", kritisierte der Kommissar. Es sei nicht einzusehen, dass eine Frau, die ein Jahr für die Kinderbetreuung zu Hause bleibe, darunter in punkto Einkommen ein Leben lang zu leiden habe. Zwei bis drei Jahre nach Wiedereinstieg in den Beruf müssten die Versäumnisse aufgeholt sein. Eventuell müsse die EU mit gesetzlichen Maßnahmen an der Verringerung der Einkommensschere arbeiten.

Zwischen den Mitgliedstaaten gibt es beim Lohngefälle große Unterschiede: Frauen auf Malta verdienen nur um 4 Prozent weniger als Männer. Einkommensdifferenzen bis zu 25 Prozent gibt es in Estland, Zypern und der Slowakei.