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EU-Kommission: Rekordstrafen gegen Aufzugs- und Rolltreppen-Kartell

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Gesamtes Bußgeld beträgt fast eine Milliarde Euro. | Otis, Schindler, Kone und Thyssen-Krupp sind betroffen. | Brüssel. Die EU-Kommission hat gestern, Mittwoch, die bisher höchste Strafe für die Teilnahme an einem Kartell verhängt. Otis, Kone, Schindler und ThyssenKrupp müssen gemeinsam rund 992 Mio. Euro Strafe zahlen.


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Brüssel sieht es als erwiesen an, dass die Konzerne von 1995 bis 2004 in Deutschland, den Niederlanden, Luxemburg und Belgien Ausschreibungen manipuliert, Preise abgesprochen und sich den Markt in den vier Ländern aufgeteilt haben. Allein in Deutschland umfasste er im Jahr 2003 rund 580 Mio. Euro exklusive Wartungsverträgen.

Die Strafe für ThyssenKrupp wurde noch um 50 Prozent erhöht, da es sich um einen Wiederholungstäter handelt. Mit knapp 480 Mio. Euro muss das Unternehmen das höchste je von der Kommission gegen eine einzelne Firma verhängte Bußgeld zahlen. 225 Mio. Euro fasste Otis aus, 144 Mio. Schindler und 142 Mio. die Firma Kone.

Behörde ermittelt

auch in Österreich

Der Sprecher von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes verwies auch auf mögliche weitere Liftkartelle in anderen EU-Staaten. So ermittelte auch die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und hat am 30. Jänner einen Strafantrag gegen führende Unternehmen gestellt. Die vier betroffenen Firmen, die in der EU einen Marktanteil von deutlich über 80 Prozent haben, sind auch in Österreich Marktführer. Die Schwere des Falls würde die Rekordstrafen rechtfertigen, sagt der zuständige Ermittler bei der BWB, Thomas Hölzl. Der gesamte EU-Markt auf dem Sektor war 2003 immerhin sieben Mrd. Euro wert, in Österreich setzt die Branche rund 300 Mio. Euro um.

Auf die Schliche gekommen ist die Kommission den Aufzug- und Rolltreppenherstellern durch einen Tipp. EU-weite Razzien folgten im Jahr 2004. Denn die Unternehmen hatten sich alle Mühe gegeben, ihr Kartell geheim zu halten. Geschäftsführer und Direktoren der Gesellschaften trafen sich regelmäßig in Bars, fuhren gemeinsam aufs Land oder ins Ausland und benutzten anonyme Zahlkarten-Handys, um ihr Tun zu verschleiern. Konkret setzten einander die Unternehmen über Ausschreibungen in Kenntnis und stimmten ihre Gebote entsprechend einer vereinbarten Kartellquote ab. Überhöhte Scheinangebote sollten den Eindruck eines realen Wettbewerbs vermitteln.

Wurde Kommission selbst auch Opfer?

Geschädigt wurden dadurch Käufer von Aufzügen und Rolltreppen wie Krankenhäuser Bahnhöfe, Einkaufszentren und gewerbliche Gebäude. Pikant ist, dass auch der Sitz der EU-Kommission in Brüssel während des Wirkens des Kartells mit Aufzügen von Schindler ausgerüstet wurde.

Die betrogenen Kunden können jetzt vor den nationalen Gerichten auf Schadenersatz klagen. Auch die für bis zu 50 Jahren geltenden Wartungsverträge könnten neu ausgehandelt werden, da sie überteuert sein könnten. Ein Wartungskartell konnte Brüssel den Unternehmen jedoch nicht nachweisen. Sonst hätte der Wert des aufgeteilten Marktes ein Vielfaches betragen, die Strafe wäre entsprechend noch höher ausgefallen.