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An diesem Sonntag läuft die Frist ab, die über Sein oder Nichtsein des größten Handelskriegs aller Zeiten entscheiden könnte. Bis dahin müssten die USA ein Gesetz ändern, das die Welthandelsorganisation (WTO) als illegale Exportsubvention verurteilt hat. Wenn das nicht klappt, kann die Europäische Union als Klägerin Sanktionen in Milliardenhöhe verhängen.
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Dagegen sind die Strafzölle, die die USA seit einem Jahr auf europäische Produkte erhebt, weil die EU weder das Bananen- noch das Hormonfleisch-Urteil der WTO umgesetzt hat, Peanuts.
US-Senat erstickt vor den Wahlen in Vorlagen
Doch im amerikanischen Senat türmen sich kurz vor den US-Wahlen die Vorlagen. Ob der Text bis Sonntag durchgeht, ist mehr als fraglich. "Dieses Gesetz durchzubringen ist der einzige Weg, um unseren Verpflichtungen nachzukommen und eine beispiellose Konfrontation mit der EU zu vermeiden", mahnte der stellvertretende Finanzminister Stuart Eizenstat am Mittwoch in Washington. Stein des Anstoßes sind die so genannten Foreign Sales Corporations, Tochterunternehmen amerikanischer Konzerne in Steueroasen, deren Einnahmen aus Exporten kaum besteuert werden. Rund 6.000 US-Unternehmen wie General Electric, Boeing und Microsoft sparen damit im Jahr rund 4 Mrd. Dollar (4,51 Mrd. Euro/62,1 Mrd. Schilling).
Die EU monierte dies als unerlaubte Exportsubvention und bekam im Frühjahr Recht. Das WTO-Schiedsgericht verlangte, das Gesetz bis 1. Oktober zu ändern. Wenn ein Land solche Fristen verpasst, darf der Kläger bei der WTO sofort Strafzölle beantragen. So geschah es im Bananen- und im Hormonfleischstreit.
EU-"Rache" für Bananen- und Rinder-Strafzölle
Weil die EU Dollarbananen aus Lateinamerika diskriminiert und hormonbehandeltes amerikanisches Rindfleisch nicht auf den EU-Markt lässt, obwohl die WTO beides als handelsverzerrend gerügt hat, kassieren die Amerikaner als Vergeltungsmaßnahme Strafzölle in Höhe von gut 300 Mill. Dollar im Jahr auf europäische Produkte. Bei den Foreign Sales Corporations liegt die "Deliktsumme" aber bei rund 4 Mrd. Dollar.
Aber selbst, wenn das US-Gesetz die Senats-Hürde noch vor Sonntag schafft, ist noch nichts gelöst. Die Europäer haben die vorgesehene Gesetzesänderung schon als reine Makulatur bezeichnet. "Der Hauptunterschied zwischen dem neuen Vorschlag und dem von der WTO gerügten System ist, dass man keine Briefkastenfirma mehr im Steuerparadies gründen muss, um in den Genuss der Steuernachlässe zu kommen", schrieb EU-Handelskommissar Pascal Lamy nach Washington.
Das Gesetz sieht nach Lesart der EU einfach dieselbe - günstige - Besteuerung für Exportgüter aus Steuerparadiesen und aus der Inlandsproduktion vor und wäre damit nach den WTO-Regeln immer noch eine verbotene Exportsubvention.
Selbst für den Fall, dass das neue Gesetz bis Sonntag in Kraft ist, hat die EU schon eine weitere Klage angekündigt. Die WTO würde dann im Schnellverfahren prüfen, ob ihre Auflagen aus dem ursprünglichen Urteil vom Frühjahr erfüllt sind. Wenn nicht, würde sie der EU grünes Licht für Strafzölle geben.