Einigung auf verkleinerte Kommission nötig. | Brüssel. Der EU steht intern ein heißes Frühjahr 2009 bevor. Denn ein Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags noch vor den Europawahlen im Frühsommer wird es nicht geben. Realistisch sei das Greifen des Reformvertrags für eine effizientere EU frühestens 2010, bestätigte der Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker gestern, Mittwoch. Wie die "Wiener Zeitung" berichtete, wird in Brüssel eine neuerliche Volksabstimmung in Irland erst im Herbst nächsten Jahres erwartet. Im Juni haben die Iren den Vertrag klar abgelehnt; ein rascher Stimmungsumschwung zeichnet sich nicht ab.
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Daraus ergeben sich einige Komplikationen: Erst müssen die Europawahlen nach den derzeit geltenden Regeln des Vertrags von Nizza abgewickelt werden. Spätestens Ende Oktober müsste sich dann die derzeitige EU-Kommission unter Jose Manuel Barroso auflösen. Die nächste dürfte laut Nizza nicht mehr so viele Kommissare wie Mitgliedsstaaten umfassen, mindestens ein Land ginge leer aus.
Damit ist ein schier unlösbarer Streit unter den EU-Ländern unabwendbar. Denn selbst wenn die gegenwärtige Kommission mit einem juristischen Trick länger im Amt bleibt, kann keineswegs mit einer Zustimmung der Iren im zweiten Anlauf gerechnet werden. Bei einem weiteren Nein bliebe der Nizza-Vertrag bestehen; ein Konzept für eine verkleinerte Kommission müsste fertig auf dem Tisch liegen.
Für den in Brüssel erhofften Fall eines Ja beim Referendum könnte die neue Kommission erst nach dem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags besetzt werden. Das ist - abhängig vom Termin der Abstimmung - frühestens Dezember 2009 oder Jänner 2010. Dann könnte vorläufig weiterhin jedes Land einen Kommissar behalten.
Rotationssystem kommt - oder auch nicht
Erst 2014 müsste deren Anzahl auf zwei Drittel der Mitgliedsstaaten und ein noch nicht näher besprochenes "faires" Rotationssystem umgestellt werden. Der Clou am Reformvertrag ist jedoch eine Klausel, nach der die Staats- und Regierungschefs diese Bestimmung per einstimmigen Beschluss aushebeln könnten. Das Prinzip "ein Land, ein Kommissar" bliebe auf unbestimmte Zeit bestehen.
Für das Europaparlament bedeuten die Regeln von Nizza vorerst, dass 736 statt - laut Lissabon - 751 Abgeordnete gewählt werden. Bisher waren es 785. Österreich erhält künftig 17 statt 19 Sitze.