Bergbauern können immer schwerer Schritt halten. | Wien. Im Trubel um die Reform der Weinmarktordnung ging vergangene Woche eine weitere Entscheidung der EU-Agrarminister beinahe unter: Die EU-Milchquote wird per April 2008 um 2 Prozent erhöht, haben die Minister beschlossen. Die einzige Gegenstimme kam von Österreich. Wien argumentiert, dass die Milchquote eine Absatzgarantie für die heimischen Bergbauern sei. Denn je mehr Milch von Großbetrieben produziert werden darf, desto weniger Chancen haben die kleinen Betriebe.
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2015 soll die Milchquote ganz aufgehoben werden. Dann möchte Österreich sich für eine Ausnahme für Landwirte in benachteiligten Regionen wie Bergbauern stark machen.
Mit der nun beschlossenen Anhebung der Milchquote kommen 2,84 Millionen Tonnen mehr auf den Markt als bisher. "In den kommenden Jahren wird die Nachfrage nach hochwertigen Milchprodukten - vor allem Käse - innerhalb Europas und in der ganzen Welt weiter steigen", sagte Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel.
Um die immer größeren Überschüsse des Milchmarkts (Milchseen und Butterberge) einzudämmen, wurde in Österreich Ende der 1970er Jahre - beziehungsweise in der Europäischen Gemeinschaft 1984 - eine Kontingentierung der Milch-Produktionsmenge eingeführt. Durch das künstlich begrenzte Angebot erhoffte man sich, die Preise für Milcherzeugnisse stabil halten zu können und die Export-Subventionen bzw. Vernichtungskosten der nicht im Binnenmarkt verkäuflichen Waren zu reduzieren. In der Praxis brachte die Milchquotenregelung den Landwirten aber nur bedingt höhere Preise, sondern auch einen zusätzlichen Kostenfaktor. Denn bei einer Überlieferung der zugeteilten Quote muss der Betrieb entweder Strafzahlungen riskieren oder ein Kontingent eines anderen Bauern durch Kauf oder Pacht erwerben.
Widerstand gegen
Mengenbeschränkung
Vor allem in den großen Milchproduktionsländern Europas wie dem Vereinigten Königreich, Dänemark, Polen, den Niederlanden und Italien wuchs in den letzten Jahren der Widerstand gegen die Mengenbeschränkungen. Die Forderung zur Abschaffung der Quote wurde laut, da die Kontingentierung wachstumswillige Betriebe in der Weiterentwicklung hemme.
Problematisch sieht man die Aufweichung der Milchquote dagegen in benachteiligten Regionen wie den österreichischen Bergbauerngebieten. "Unsere Milchbauern liegen in punkto Tüchtigkeit und Produktqualität im europäischen Spitzenfeld, aber im freien Wettbewerb starten sie von den hintersten Startplätzen", erklärt Josef Moosbrugger, Vorsitzender des Ausschusses für Milchwirtschaft der Landwirtschaftkammer Österreich: Die Milcherzeugung habe fast die kleinste Struktur in der EU-27 und gehöre aufgrund der naturbedingten Nachteile weltweit gesehen zu den teuren Produktionslagen.
Der heuer im Sommer mühsam erkämpfte höhere Erzeugerpreis drohe bei einer Mengenausdehnung zu sinken. "Damit wird der Strukturwandel weiter verschärft, und die Milchviehhaltung konzentriert sich auf wenige Regionen und Betriebe. Die ökologisch wichtige Milcherzeugung in den weniger ertragreichen Grünlandregionen wird damit verdrängt", erklärt Moosbrugger.
In Summe habe die Milchquote der Mehrzahl der europäischen Bauern das Überleben gesichert. Da es seitens der EU bislang auch keine Alternativen zur Absicherung benachteiligter Regionen gibt, sehen heimische Agrarpolitiker in der Aufweichung beziehungsweise der nachfolgenden Abschaffung der Quote das falsche Instrument.
Sie geben zu bedenken, dass 18 der 27 EU-Staaten die derzeit gültige Milchquote nicht voll ausschöpften. "Wesentlich sinnvoller, als die Kontingentierung um einen fixen Prozentsatz anzuheben, wären flexiblere Maßnahmen wie etwa die Reduzierung der Strafabgabe bei Überschreitung der Quoten", betont Moosbrugger.