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Entscheidung über Unterzeichnung eines Abkommens mit Kiew verschoben.
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Brüssel. Wovor Warschau schon mehrmals gewarnt hat, ist eingetreten. "Ich habe in Kiew öfter eingemahnt, nicht alles bis zur letzten Minute offen zu lassen - doch das ist nun der Fall", sagte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen in Brüssel. Dabei hätte es ein "historischer Gipfel" werden sollen, zu dem die Union ihre östlichen Partner Ende der kommenden Woche nach Vilnius eingeladen hat: Mit der Unterzeichnung eines umfassenden Handelsabkommens mit der Ukraine wollte sie das Land eng an sich binden. Doch wenige Tage vor dem Spitzentreffen ist keineswegs fix, dass die Unterschriften unter den Vertrag gesetzt werden - und die Debatte darüber dreht sich nicht um technische Details, sondern den Fall der inhaftierten ehemaligen Premierministerin Julia Timoschenko. Dabei fordern die meisten EU-Staaten nicht explizit die Freilassung der Politikerin. Vielmehr sei Timoschenko eine Symbolfigur für "selektive Justiz", die die Ukraine zu beenden habe, erklärten sowohl der deutsche Außenminister Guido Westerwelle als auch sein österreichischer Kollege Michael Spindelegger. Die EU-Politiker fällten keine Entscheidung zur Unterzeichnung des Abkommens, sie verwiesen auf anstehende Beschlüsse.
So soll noch in dieser Woche das Parlament in Kiew über Pläne für ein neues Wahlrecht sowie zur Einrichtung einer speziellen Staatsanwaltschaft beraten. Erweiterungskommissar Stefan Füle will nochmals in die Ukraine reisen; ebenso wurde die Mission der Emissäre des EU-Parlaments, Pat Cox und Aleksander Kwasniewski, verlängert. Deren Bericht kann ebenfalls auf die Haltung der EU-Minister Einfluss haben. Die Gelegenheit, das gegenüber der Ukraine erneut zu betonen, hätte Spindelegger am Freitag, wenn Präsident Wiktor Janukowitsch zu Besuch in Wien ist.
Druck verspürt Kiew allerdings nicht nur von der Union. Denn Russland will seinen Einfluss weder in der Ukraine verlieren, noch in den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken, die die EU im Rahmen ihrer östlichen Partnerschaft näher an sich führen will. Mit Handelshemmnissen oder Drohungen macht der Kreml dies denn auch Georgien, Armenien, Aserbaidschan, Moldawien und Weißrussland klar. Daher hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Regierungserklärung dazu genutzt, Russland vor Störaktionen zu warnen. Über ihre Annäherung an die EU entscheiden die Länder allein, sagte sie in Berlin: "Ein Vetorecht Dritter kann es nicht geben."
Doch müsste die EU dem wirtschaftlichen Druck Russlands etwas entgegensetzen. Spindelegger wies auf die Handelserleichterungen hin, die nach der Unterzeichnung des Abkommens in Kraft treten. Ebenso könnten die Europäer eine Visaliberalisierung in Aussicht stellen.