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EU-Mittel und Asfinag-Modell für den Breitbandausbau nutzen

Von Franz Nauschnigg

Gastkommentare

Bei der grünen und digitalen Transformation sollte der Bund die Länder ins Boot holen.


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Die sogenannte EU-Aufbau- und Resilienzfazilität sollte für den grünen und digitalen Wandel genutzt werden. Erstmals gibt es auch nicht rückzahlbare Zuschüsse, deren sachgemäße Verwendung bis Ende April in nationalen Aufbauplänen gerechtfertigt werden und die den länderspezifischen Empfehlungen der EU-Kommission entsprechen muss. Das Mindestziel von 37 Prozent für Klimaschutz und 20 Prozent für Digitales sollte deutlich übertroffen werden, damit Österreich bei den Besten in der EU ist, nachdem es leider bei der Wirtschaftsentwicklung bei den Schlechtesten ist.

In Österreich hat der Finanzminister eine Zusammenarbeit mit den Bundesländern, die ja im Energiebereich - in den ein wesentlicher Teil dieser Mittel fließen soll - sehr stark verankert sind, abgelehnt. Die EU-Vorgaben für die Einbindung der regionalen Ebenen, der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft werden damit nicht erfüllt. Auch hier wird Österreich wieder, auch wenn es jetzt ein Programm präsentiert hat, trotzdem zu den Nachzüglern gehören. Es ist zu hoffen, dass durch die Inkompetenz der Bundesregierung diese Mittel für Österreich nicht verloren gehen.

Österreich hat in seinem bei der EU-Kommission eingereichten Aufbauplan im Wesentlichen alte Projekte aufgelistet. So wird im Digitalbereich die alte "Broadband Austria 2020"-Initiative relativ unverändert als "Broadband Austria 2030"-Initiative fortgeschrieben. Damit kommt man auf Kosten von 4,3 bis 6 Milliarden Euro für den Breitbandausbau, wenn man alle berechtigten Haushalte abdecken möchte. Dafür werden die verfügbaren Mittel nicht reichen. Man sollte Sie daher leveragen. Dafür bieten sich das Asfinag-Modell und die Bundesländer an, die wesentlich niedrigere Finanzierungskosten haben als Private. Dies würde vor allem dem ländlichen Raum helfen, in dem durch Marktversagen oder weil die Kosten höher als die potenziellen Erträge sind, die Versorgung durch private Anbieter nicht erfolgt.

Österreich hat Handlungsbedarf bei der Digitalisierung

Die Digitalisierung erfasst die Wirtschaft, aber auch viele Lebensbereiche. Die digitale Infrastruktur wird daher ein zentraler Standortfaktor im 21. Jahrhundert sein. So wie es die Kanäle im 18. Jahrhundert, die Eisenbahnen im 19. Jahrhundert und die Straßen und Autobahnen im 20. Jahrhundert waren. Bei diesen Infrastrukturen begannen meist private Betreiber mit dem Ausbau, eine flächendeckende Infrastruktur wurde jedoch meist erst durch das Eingreifen des Staates geschaffen.

Um in die zunehmend digitale Wirtschaft und Gesellschaft integriert zu sein, bedarf es einer gut ausgebauten digitalen Infrastruktur. Österreich ist jedoch beim flächendeckenden Breitbandausbau und bei der Nutzung und dadurch bedingt auch bei der Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) nur Nachzügler im Vergleich zu Skandinavien, den USA oder einigen asiatischen Ländern. Wie die OECD bei der Prüfung 2017 feststellte, liegt Österreich bei der Breitband- und IKT-Nutzung durch Firmen und Haushalte weit hinter führenden Ländern. Einer der Gründe dafür ist der geringe Anteil moderner Glasfasernetze beziehungsweise der hohe Anteil alter Kupferkabel. Beim Anteil der Firmen, die Cloud Computing nutzen, liegt Österreich unter dem EU- und dem OECD-Durchschnitt.

Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) stellt in ihrem "Investment Report 2020/21" fest, dass Österreich bei öffentlichen Investitionen schwach ist. So beklagen 57 Prozent der Gemeinden Investitionslücken - besonders bei Klimawandel, digitaler Infrastruktur und öffentlichem Verkehr. Investitionen sind zentral für grüne und digitale Transformation, öffentliche und private Investitionen sind dabei komplementär. Der EIB zufolge wäre ein stärkerer Fokus auf Eigenkapitalinstrumente notwendig. Österreichische Firmen sind laut EIB bei der Digitalisierung nur EU-Mittelmaß - weit hinter den führenden Ländern in Skandinavien, den Niederlanden und sogar hinter Tschechien. Der Zugang zu digitaler Infrastruktur ist für fast die Hälfte der Unternehmen ein Investitionshindernis. Firmen, die stärker digitalisiert sind, wachsen schneller, sind profitabler, zahlen höhere Löhne, investieren mehr in Training und schaffen mehr Arbeitsplätze.

Stadt-Land-Gefälle wird durch langsames Internet verstärkt

Österreich liegt auch beim Anteil der Haushalte, die Zugang zu Breitband haben, zurück. Laut dem österreichischen Regulator RTR sind die Internetverbindungen beim Übertragen vom Nutzer ins Internet, also beim Upload, etwa um zwei Drittel langsamer als beim Download aus dem Internet. Da meist in beide Richtungen gearbeitet wird, verlangsamt dies die Verbindung beträchtlich, was insbesondere bei beruflicher Nutzung ein Problem darstellt. In den Nachtstunden ab Mitternacht sind die Download-Geschwindigkeiten am höchsten und nehmen während des Tages kontinuierlich ab. Es gibt auch große Unterschiede zwischen den Bundesländern, wobei Wien die höchste Download-Geschwindigkeit erreicht.

Vor allem im ländlichen Raum fehlt es an einem flächendeckenden Ausbau, da private Firmen den flächendeckenden Ausbau nur in Städten, wo er profitabel ist, vorantreiben. Das schon bestehende Stadt-Land-Gefälle wird dadurch verstärkt. Pendler aus dem ländlichen Raum können die von vielen Firmen angebotenen Möglichkeiten - Teleworking, Homeoffice - mangels guter Breitbandverbindungen nicht wirklich nutzen. Auch im internationalen Wettbewerb wird Österreich dadurch gegenüber jenen Ländern, die Vorreiter sind, zurückfallen. Studien in den USA zeigen, dass gut ausgebaute Breitbandnetze für die Pandemiebekämpfung ebenfalls wichtig sind.

Breitband-AGsin den Bundesländern

Hier könnte auf das erfolgreiche Asfinag-Modell (das ich als wirtschaftspolitischer Berater der Finanzminister Andreas Staribacher, Viktor Klima und Rudolf Edlinger mitentwickelt habe) für eine günstige Infrastrukturfinanzierung ohne Budgetbelastung zurückgegriffen werden. Sogar Deutschland hat das Modell kopiert.

Das Konzept könnte so aussehen: Die Länder gründen Breitband-AGs die aufgrund ihrer günstigen Finanzierung alleine oder in Kooperation mit Privatfirmen den Breitbandausbau flächendeckend vorantreiben. Das Eigenkapital der Breitband-AGs kommt aus den EU-Mitteln: 1 Milliarde Euro nach Bevölkerung auf die Bundesländer verteilt. Wien sollte, weil dicht besiedelt, nicht nur Breitbandausbau betreiben, sondern die Hälfte der Mittel für Risikokapital für innovative Digitalisierungsprojekte verwenden. Zusätzlich gibt es 1 Milliarde Euro Fremdkapital mit Landesgarantien nach dem gleichen Schlüssel. Und mit der EIB wird über eine weitere Milliarde Euro als günstige Finanzierung verhandelt. Die Breitband-AGs sollten mit den anderen von der Regierung vorgeschlagenen Projekten verglichen werden und, wenn sie besser sind, diese ersetzen. Breitband-AGs sind langfristig kostendeckend, da es keine Eigenkapital- und nur geringe Fremdkapitalkosten gibt. Private legen für den Breitbandnetzausbau wesentlich höhere Rechnungszinse zugrunde, als es eine Breitband-AG aufgrund der durch die EU-Eigenmittel und die Landesgarantie ermöglichten billigen Finanzierung kann. Die Republik kann sich derzeit auf zehn Jahre zu Negativzinsen finanzieren.

In dichter besiedelten Regionen kostendeckend arbeiten

Die Breitband-AGs könnten beim Ausbau des Breitbandnetzes in den dichter besiedelten Regionen kostendeckend arbeiten. Zusätzlich könnte überlegt werden, einen Teil der vom Regulator den privaten Breitbandbetreibern gewährten hohen Verzinsung abzuschöpfen. Diese Abschöpfung würde nur jene Renditen betreffen, die jene der zehnjährigen Bundesanleihe plus 2 Prozent übersteigen. Die Breitband-AGs sollten diese Mittel für den Ausbau im ländlichen Raum erhalten. Sie würden auch den Wettbewerb beim Breitbandausbau beleben.

Durch die Infrastrukturinvestitionen der Breitband-AGs würde die Inlandsnachfrage angekurbelt, dadurch Beschäftigung geschaffen und langfristig durch bessere Infrastruktur der Wirtschaftsstandort Österreich gestärkt. Wie eine Klimastudie der Unternehmensberatung Accenture zeigt, könnte Deutschland mit einer rascheren Digitalisierung bis 2030 rund ein Fünftel seiner heutigen CO2-Emissionen einsparen. Das Potenzial liegt bei bis zu 151 Megatonnen CO2. Auch Österreich könnte mit einer deutlich schnelleren Digitalisierung seine CO2-Emissionen wesentlich verringern. In Sinne der Subsidiarität sollte überlegt werden, EU-Mittel auch direkt an Regionen und Gemeinden - wenn sie bessere Projekte als die Zentralregierung haben - auszuzahlen. Dies würde Probleme mit Nationalen Regierungen wie zum Beispiel in Ungarn lösen helfen.

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