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Den fünf Staaten der Balkanregion, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Jugoslawien und Kroatien, steht die Perspektive einer Annäherung an die EU offen, allerdings nur unter Einbeziehung der politischen und ökonomischen Kriterien, wie sie in Kopenhagen festgelegt wurden, und unter der Vorraussetzung des Inkrafttretens des Stabilitäts- und Assoziationsbeschlusses. Das erklärte der französische Staatspräsident Jacques Chirac Freitag letzter Woche in Zagreb beim Treffen von EU-Staats- und Regierungschefs mit Vertretern der Balkanstaaten im Rahmen des Stabilitätspaktes.
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Eines der Instrumente, den Prozess der Stabilisierung und der Zusammenarbeit voranzutreiben, sei das CARDS-Programm. Es handle sich dabei laut Chirac um ein "gebündeltes, großes Hilfsprogramm, das Albanien, Bosnien-Herzegowina , Kroatien, Mazedonien und der jugoslawischen Föderation (Serbien und Montenegro) zugute kommt".
Bis 2006 fast 5 Mrd. Euro
Für den Zeitraum von 2000 bis 2006 seien 4,65 Mrd. Euro für dieses Programm vorgesehen. Diese Summe unterstreiche den Willen der Union, bei der Stärkung der Demokratie und Festigung der Stabilität in der Region eine exponierte Rolle einzunehmen.
Weiters habe die EU beschlossen, für die fünf Balkanstaaten innerhalb der nächsten fünf Jahre einen bevorzugten Zugang zum Europäischen Markt zu ermöglichen. Diese Maßnahme solle den Wiederaufbau der Region unterstützen und die Exporte stimulieren.
Die Annäherung an die EU sei eng an regionale Kooperation gebunden. Es müsse der interregionale Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Balkanstaaten intensiviert werden.
In seinem Eröffnungsreferat würdigte Chirac den Demokratisierungsprozess der Region Südosteuropa in den letzten Monaten. Vor allem der Fall des jugoslawischen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic habe der Demokratie wieder breiteren Raum eingeräumt.
Er erhoffe sich von den Wahlen in Serbien am 23. Dezember weitere Fortschritte, denn die Konsolidierung der Demokratie in der Jugoslawischen Föderation sei unerlässlich für die Stabilität der gesamten Region.
Chirac rief zu einer zielgerichteten, gemeinschaftlichen Vorgangsweise zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens, der Korruption, der Geldwäsche auf. Auch eine sichere Rückkehr der Flüchtlinge müsse garantiert werden.
EU-Kommissionspräsident Romano Prodi würdigte die Verdienste Kroatiens bei der Fortentwicklung der Demokratie in der gesamten Region. Er begrüßte den politischen Umschwung in Serbien, das bisher von der Teilnahme am Stabilitätspakt ausgeschlossen war. Prodi konzentrierte sich in seinem Statement vor allem auf die erfolgreichen Maßnahmen, die die EU bereits gesetzt hat: Er hob dabei die Errichtung eines Wiederaufbaubüros im Kosovo hervor; ähnliche Projekte seien nun auch in Serbien und Montenegro geplant. 55 Mill. Euro seien bereits nach Montenegro geflossen, in der Absicht, Kräfte gegen den Druck Milosevics zu mobilisieren und einen "demokratischen Pfad zu ebnen". Die EU hätte weiters mitgeholfen, die unabhängigen Medien in Serbien zu stärken; zudem sei in nur sechs Wochen ein Notpaket für Serbien in ein Höhe von 200 Mill. Euro geschnürt worden, um während der Wintermonate die Energieversorgung sicherzustellen. Abschließend rief Prodi dazu auf, die "einzigartige Chance" zu einer dauerhaften Stabilisierung der Region zu nutzen.
Schüssel: "Verbrechen haben einen Namen"
In einer abschließenden Pressekonferenz hob Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zwei Aspekte der EU-Gespräche mit den Regierungschefs der Balkanregion besonders hervor: Zum einen sei es um die Etablierung einer regelmäßigen Kooperation der Staaten des Stabilitätspaktes gegangenen, zum anderen um die Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag: "Verbrechen haben auch Namen", meinte Schüssel, und: "Die Aufarbeitung der Kriegsverbrechen der letzen Jahre ist nötig, damit man einander wieder in die Augen schauen kann".
Vor allem die Wortmeldungen des neuen serbischen Präsidenten Vojislav Kostunica und des montenegrinischen Präsidenten Milo Djukanovic bei den Beratungen wären "ungewöhnlich" gewesen, so Schüssel: Kostunica hätte ein Bekenntnis zu einer Zusammenarbeit innerhalb der Region abgegeben und versprochen, mit den UNO zu kooperieren.
Montenegros Präsident Djkukanovic hätte versichert, den Status der Länder Serbien und Montenegro "den jeweiligen Völkern zu überlassen". Konkret will Djukanovic ein Referendum zu dieser Frage noch in der ersten Hälfte nächsten Jahres abhalten.
Netzwerk über EU hinaus
Aus österreichischer Sicht habe er, Schüssel, den Gedanken eines Netzwerkes geäußert, das über die derzeitige Union hinaus gehe. Es gehe vor allem um eine "Partnerschaft mit Europa", einen multilateralen Dialog, der auch eine "enge wirtschaftliche Kooperation" beinhalten sollte. Auf ökonomischer Ebene stellt sich Schüssel einen "maßgeschneiderten Wirtschaftsraum" vor. Die Situation in Bosnien nach den jüngsten Wahlen, sowie im Kosovo, sei "noch nicht zufrieden stellend", meinte Schüssel abschließend: Was in den letzten Monaten erreicht wurde, seien "kleine Aufwärtsbewegungen" gewesen.
Flüchtlingsrückkehr regeln
Außenministerin Benita Ferrero-Waldner betonte, die Balkanstaaten hätten "viel Verantwortung" mit der Verpflichtung auf sich genommen, sich den europäischen Werten anzuschließen. In der Frage der Flüchtlingsrückkehr sei in Kroatien bereits viel geschehen, in Serbien und Bosnien-Herzegowina sei noch viel zu tun, meinte Ferrero-Waldner.