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"EU-Plan wäre dramatisch"

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

Landwirte wehren sich gegen Zugeständnisse in WTO. | Wifo: Preisvorteile zu erwarten. | Wien. Ja, auch vor massiven Demonstrationen würde er nicht zurückschrecken. Der Präsident der Landwirtschaftskammer, Rudolf Schwarzböck, will sich zur Wehr setzen, sollte die EU weitere Zugeständnisse beim Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) diese Woche in Genf machen.


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Aus Kommissionskreisen heißt es, die EU könnte ihr Angebot vom vergangenen Oktober nachbessern: Die Zölle für landwirtschaftliche Produkte könnten laut diesem Vorschlag dann statt um 39 um bis zu 50 Prozent sinken.

Noch dramatischer würde laut Schwarzböck die Situation für heimische Bauern, sollte die EU die Vorschläge der "G-20" annehmen. Diese Gruppe von Schwellen- und Entwicklungsländern, darunter Große wie Brasilien, fordert, die Zölle im Schnitt um 54 Prozent zu reduzieren. Entwicklungsländer kritisieren, dass die USA und die EU ihre Märkte abschotten. Gleichzeitig würden hoch subventionierte EU- und US-Produkte ihre eigenen Güter konkurrenzlos werden lassen.

Die USA wiederum schlagen eine weltweite Senkung der Agrarzölle um 66 Prozent vor - sie hoffen - ähnlich wie die EU - im Gegenzug dafür bei anderen Verhandlungpunkten Zugeständnisse zu erhalten.

Verlierer und Gewinner

Vom Zollabbau würden in erster Linie Konzerne profitieren - und zwar europäische wie US-amerikanische, meint Schwarzböck. "Alle, die nur einiger Maßen von Bedeutung sind, haben bereits Industrien in Brasilien." Österreichs Landwirte hingegen würden mit Konkurrenz zu kämpfen haben - wobei die Konsumenten kaum Vorteile spüren würden, meint Schwarzböck.

Weniger dramatisch beurteilt Franz Sinabell, Agrarexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts, die Auswirkungen möglicher Zollsenkungen auf die heimischen Bauern. Die Lage würde für diese "bestimmt schwieriger, aber nicht existenzbedrohend".

"Auch beim EU-Beitritt gab es eine enorme Angst, dass Österreich mit billigen französischen oder holländischen Produkten überschwemmt würde und unsere Bauern dagegen keine Chance hätten", sagt Sinabell. Das sei nicht eingetreten, auch wenn die Preise für Agrarprodukte gesunken seien. Zollsenkungen könnten Fleisch oder Milch durch mehr Wettbewerb erneut billiger werden lassen. Ob Handelskonzerne diese Preisvorteile auch weitergeben, sei aber nicht gesagt, meint Sinabell.

Schwarzböck jedenfalls droht im Fall des Falles mit Widerstand. Andere hätten das schließlich auch gemacht, meinte er am Montag - und bezog sich damit auf die Ausschreitungen in den Pariser Vororten.