Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Der deutsch-französische Vorstoss, neben dem Kommissionspräsidenten einen auf fünf Jahre gewählten, hauptamtlichen Präsidenten des Rates zu installieren, stieß im Konvent zur Zukunft Europas auf breiten Widerstand. Zu Recht, offenbart diese Initiative doch mit einem Schlag die Malaise des Herrschaftsanspruches der nationalen Regierungen über Europa. Sie haben eine Machtfülle angehäuft, die sie weder legitim noch effizient ausüben können. Das Europa der 15, bald der 25, lässt sich nicht länger nebenberuflich regieren.
Anstatt jedoch einen Teil ihrer Macht an die europäischen Institutionen, an Parlament und Kommission abzugeben, schaffen sich die Regierungen in Brüssel neue Paralellbürokratien und ersinnen Konstruktionen, wie die Wahl eines pensionierten oder zuhause abgewählten Ministerpräsidenten zum EU-Präsidenten, von niemandem kontrolliert, ohne Volk, ohne Parlamente und ohne Bürger. Wenn heute ein Regierungschef die Mehrheit in seinem Parlament verliert, so winkt ihm der (hoffentlich) wohlverdiente Ruhestand. In Zukunft würde der Verlust der demokratischen Legitimation geradezu Voraussetzung sein für die Berufung in das höchste Amt der Union.
Der Vorschlag ähnelt fatal dem Modell, mit dem die deutschen Kurfürsten ihren Kaiser wählten. Bei aller Freude also, dass der "deutsch-französische Motor" wieder läuft, bleibt doch zu wünschen, man möge bei Gelegenheit den Rückwärtsgang heraus nehmen, damit wir uns nicht unversehens im 19. Jahrhundert wieder finden, in einem Europa der Hegemonien, der Balancen und Achsen, statt in der politischen Einheit Europas anzukommen.
** Johannes Voggenhuber ist Mitglied im Konvent zur Zukunft Europas, entsandt vom Europäischen Parlament, nominiert von der Grünen / EFA Fraktion