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Die EU-Außenminister haben eine ständige militärische Zusammenarbeit beschlossen, an der auch Österreich teilnimmt. Das soll aber nur der erste Schritt hin zu einer Verteidigungsunion sein.
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Brüssel. Auch wenn die EU derzeit mit allerlei Fliehkräften und Zerwürfnissen, Stichwort Brexit und Flüchtlingskrise, zu kämpfen hat - in einem Bereich rückt sie enger zusammen. Nämlich im militärischen. Die EU-Staaten haben am Montag erstmals eine ständige militärische Zusammenarbeit beschlossen. Pesco nennt sich das Programm zur "Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit", mit Österreich nehmen insgesamt 25 EU-Länder daran teil.
Schon als die ersten Pläne zu Peso bekannt wurden, war von einem "Meilenstein" oder von einer "neuen Ära" die Rede. Schließlich taten sich die EU-Staaten bei einer gemeinsamen Verteidigungspolitik lange Zeit besonders schwer. Dabei soll Pesco nur ein Zwischenschritt zu einer europäischen Verteidigungsunion sein. Wie diese genau ausschauen soll, ist noch unklar. Die die Vorstellungen reichen von einer einheitlichen Ausrüstung der europäischen Armeen - was EU-Einsätze massiv erleichtern würde - bis hin zu einer gemeinsamen Kommandozentrale.
Bei Pesco werden nun einmal erste gemeinsame Kooperationen gestartet. Insgesamt sind es 17, haben die EU-Außenministertreffen in Brüssel formell beschlossen. Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz war dort wegen der Koalitionsgespräche in Wien übrigens nicht anwesend. Er hatte aber schon im Vorfeld betont, dass die Pesco-Kooperationen mit der Neutralität vereinbar seien.
Österreich wird sich an vier Projekten beteiligen: an einem "Cyberprogramm" mit Griechenland, an einem Programm im Bereich Katastrophenhilfe mit Italien sowie an zwei deutschen Projekten, dem Aufbau eines Kompetenzzentrums von EU-Trainingsmissionen und der Verbesserung des grenzüberschreitenden militärischen Transports. Allerdings sollen bei Pesco noch weitere Projekte hinzukommen. Im kommenden Jahr will Österreich zwei eigene Vorhaben prüfen: ein europäisches Gebirgskampfzentrum und ein Projekt im Rüstungsbereich.
Jedenfalls verlangt Pesco eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets - was in Österreich die künftige türkis-blaue Regierung aber ohnehin vorhat. Denn die teilnehmenden Staaten haben sich zu höheren Verteidigungsausgaben verpflichtet. Eine Zielmarke wie etwa in der Nato, in der die einzelnen Staaten rund zwei Prozent ihres Budgets für Militärausgaben bereitstellen sollen, gibt es aber nicht.
Nicht dabei bei Pesco sind Dänemark, Großbritannien und Malta. Dänemark beteiligt sich traditionell nicht an der gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik, Malta wollte offensichtlich die Teilnahmekriterien nicht erfüllen, Großbritannien will 2019 bereits aus der EU ausgetreten sein. Der Brexit war auch einer der Beschleuniger für Pesco. Denn die Briten haben sich immer wieder gegen eine verstärkte militärische Zusammenarbeit gestellt. Das Argument lautete, dass dadurch die Nato untergraben werde. Die EU verneint dies - zumal ja viele Länder, die an Pesco teilnehmen, auch Nato-Mitglieder sind.
Darüber hinaus ist Pesco auch eine Reaktion auf Donald Trump. Die Unberechenbarkeit und die Isolationspolitik des US-Präsidenten haben den Europäern klar gemacht, dass sie sich selbst mehr um ihre Sicherheit kümmern müssen. Zudem sind militärische Konflikte in den vergangenen Jahren bedrohlich näher gerückt. So spielt sich der Bürgerkrieg in der Ukraine in einem EU-Nachbarland ab. Generell tritt Russland immer aggressiver auf, und auch im Nahen Osten gibt es zahlreiche militärische Konflikte.
WeltweiteRüstungsausgaben steigen
Vor diesem Hintergrund verkaufen internationale Rüstungskonzerne wieder mehr Waffen. Wie das in Stockholm ansässige Friedensforschungsinstitut Sipri mitteilte, nahmen die Waffenverkäufe und militärischen Dienstleistungen im vergangenen Jahr erstmals seit 2010 wieder zu. Demnach lag 2016 das Gesamtvolumen der Waffenverkäufe und militärischen Dienstleistungen der weltweit hundert führenden Rüstungsunternehmen bei 374,8 Milliarden Dollar. Im Vergleich zum Jahr 2015 war das eine Steigerung um 1,9 Prozent, im Vergleich zu 2002 sogar um 38 Prozent. Spitzenreiter sind die USA. Das Gesamtvolumen der Rüstungsverkäufe von US-Unternehmen in den Top 100 lag 2016 bei 217,2 Milliarden
Dollar.
Die 17 Pesco-Projekte
1. Militärische Katastrophenhilfe (Österreich nimmt teil)
2. Verbesserung der grenzüberschreitenden Militärtransporte (Österreich nimmt teil)
3. Aufbau eines Kompetenzzentrums für EU-Trainingsmissionen (Österreich nimmt teil)
4. Cybergefahren und Plattform für Informationsaustausch (Österreich nimmt teil)
5. Einsatzteam bei Cyber-Angelegenheiten, gegenseitige Unterstützung bei Cybersicherheit
6. Netzwerk von Logistik-Hubs
7. Überwachung und Schutz für Häfen und Meer (Harmspro)
8. Verbesserung der Meeresüberwachung
9 . Europäisches Programm für einen softwaregesteuerten sicheren Funk (ESSOR)
10. Ausbildungszentrum für Europäische Armeen
11. Ein medizinisches Hauptquartier
12. Kooperation im Energiebereich (EOF);
13. (Halb)automatisches System für Seeminen-Abwehr
14. Eufor -Krisenreaktionsinitiative (Eufor Croc)
15. Strategisches Kommando- und Kontrollsystem für gemeinsame Missionen und Operationen
16. Gepanzerte Fahrzeuge
17. Indirekte Artillerie Unterstützung (EuroArtillery)