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EU rüttelt an den Agrarförderungen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft

Aus für Milchquoten und Mindestpreise für Getreide. | Weniger Geld für Großempfänger ab dem Jahr 2009. | Landwirtschaftsminister sieht Gefahren für Österreich. | Brüssel. Die EU sieht Handlungsbedarf zur weiteren Überarbeitung der eigentlich bis 2013 festgezurrten gemeinsamen Landwirtschaftspolitik der Union.


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Bei dem am Dienstag vorgestellten "Gesundheitscheck" des jährlich rund 50 Milliarden Euro schweren Fördersystems handle es sich aber keineswegs um eine neue Reform, sagte Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer-Boel. Sie schlägt vor, Mindestpreise für alle Getreidesorten außer Weizen abzuschaffen und die Milchquoten bis zu deren geplanten Auslaufen 2015 graduell anzuheben.

Für Randlagen und Bergregionen soll es "Ausgleichsmaßnahmen" geben. Immerhin sind Preis und Nachfrage für Getreide und Milch so hoch wie schon lange nicht. Die Großempfänger der Agrar-Fördergelder sollen bereits ab 2009 weniger erhalten. Dafür könnte ab 2010 mehr Geld in die ländliche Entwicklung fließen.

Außerdem will Brüssel die Empfänger von Landwirtschaftsförderungen bei Klimaschutz und Wassermanagement mehr in die Pflicht nehmen, wie die "Wiener Zeitung" berichtete.

Großempfänger:

Schrittweise weniger

Konkret kann sie sich die Kommission vorstellen, die Überweisungen für Großempfänger stufenweise zu kappen: Summen, ab 100.000 Euro könnten um zehn Prozent gekürzt werden, über 200.000 Euro um 25 Prozent und ab 300.000 Euro um 45 Prozent.

Das beträfe vor allem die Agrarkonzerne in Großbritannien, Dänemark, Tschechien und die ehemaligen Landwirtschaftskombinate in Ostdeutschland.

In Österreich spürten es lediglich die 60 bis 70 Spitzenkassierer: Ganz vorne liegen das niederösterreichische Gut Wilfersdorf des Fürsten Hans Adam II. von Liechtenstein mit 1,7 Millionen Euro für 2006, Gut Waldbott im Burgenland mit 1,1 Millionen und die Graf Hardeggsche Gutsverwaltung mit 973.000 Euro.

Viele haben weniger

als 7600 Euro im Jahr

Mehr als die Hälfte der österreichischen Landwirte bekommen dagegen weniger als 7600 im Jahr. Das ärmste Drittel muss sich mit vier Prozent der für Österreich bestimmten rund 1,6 Milliarden Euro zufrieden geben. EU-weit gebe es "eine große Anzahl von Bauern" deren Förderbeträge "oft unter den Kosten diese zu verwalten" lägen, heißt es in Fischer-Boels Papier.

Neben Mindestbeträgen kann sich die dänische Kommissarin die Anhebung der Mindestfläche für den Erhalt der Förderungen von derzeit 0,3 Hektar auf einen oder 1,5 Hektar vorstellen. Denn nicht jeder, "der eine Ziege im Hinterhof hat", sei tatsächlich ein Bauer, sagte sie.

Sparen auch bei

ländlicher Entwicklung

Zusätzlich gespart werden soll bei den Erhöhungen der Direktzahlungen für die ländliche Entwicklung. Statt wie bisher um fünf Prozent sollen nach stufenweiser Erhöhung 2013 bis zu 13 Prozent umgeschichtet werden. Das Geld soll künftig auch für die Entwicklung von effizienter zu produzierenden Biotreibstoffen verwendet werden können.

Ihr Strategiepapier sei jedoch lediglich eine Ideensammlung, über die das kommende halbe Jahr mit den Mitgliedsstaaten und Interessensverbänden diskutiert werden solle, erklärte Fischer-Boel. Zur Entwicklung der Milchquoten werde noch ein Extra-Dokument vorgelegt. Konkrete Gesetzesvorschläge seien erst für Mai 2008 geplant.

Österreichs Landwirtschaftminister Josef Pröll reagierte vorsichtig auf die Vorschläge der Kommission: Sie seien eine gute "Diskussionsgrundlage", bergen aber "Gefahrenpunkte", sagte er.

Im Sinne der Planungssicherheit dürfe es vor 2013 keine verpflichtende neue Reform geben. Die Getreidemindestpreise sollten außerdem nicht ganz abgeschafft werden, meint der Landwirtschaftsminister. Für das 2015 auslaufende Milchquotensystem wünscht sich Pröll ein Nachfolgeregime, "vor allem für die Randlagen."