Österreich, Deutschland und neun weitere Länder verhandeln über Regeln.
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Brüssel. Es klingt fast wie ein Filmtitel. Zwar sind es nicht "Die glorreichen Sieben", die EU-Kommissar Algirdas Semeta auf die Reise schickt. Aber er nennt sie die "Steuer-Elf" - jene knapp ein Dutzend Staaten, die sich darauf geeinigt hatten, künftig Finanztransaktionen zu besteuern. Und er legt es in ihre Hände, die Regelung umzusetzen. Denn ihren Vorschlag dafür hat die Kommission nun präsentiert.
Mit der Steuer auf Geldgeschäfte soll der Handel mit spekulativen Finanzprodukten eingedämmt werden. Auch wäre dies ein Beitrag der Banken zur Bewältigung der Finanzkrise, die bis jetzt meist von Steuerzahlern getragen wurde. Daher soll künftig der Handel mit Aktien, Anleihen oder Anteilen von Investmentfonds mit 01, Prozent besteuert werden; bei Termingeschäften soll der Satz 0,01 Prozent sein. Nach Brüsseler Schätzungen würde das 30 bis 35 Milliarden Euro jährlich bringen.
Doch wohin das Geld fließen soll - da gehen die Meinungen auseinander. Während die Kommission am liebsten die Steuer EU-weit eingeführt hätte und einen Teil davon ins EU-Budget fließen ließe, möchten die Länder die Einnahmen für sich behalten. Deutschland und Österreich, die sich beide stark für die neue Regelung eingesetzt hatten, haben das auch schon in ihren Budgetplänen berücksichtigt. Berlin erhofft sich im kommenden Jahr etwas mehr als zwei Milliarden Euro, und Wien hat rund 500 Millionen Euro für den Haushalt 2014 einkalkuliert.
Kritik löst die Steuer aber jetzt schon aus. Skepsis gibt es nicht nur unter den EU-Mitgliedern, die sich nicht an dem Vorhaben beteiligen, sondern auch in den USA. Und aus Banken- sowie Börsenkreisen kommt der Einwand, dass wichtige Finanzplätze wie London oder Luxemburg nicht von der Regelung erfasst sind und damit die Verlagerung von Geldgeschäften drohe.
Handelsort unwichtig
Diesen Bedenken will der für Steuern zuständige Kommissar Semeta mit einer Verschärfung des ursprünglichen Vorschlags begegnen. Daher wird die Steuer nicht nur dann fällig, wenn einer der beteiligten Handelspartner seinen Sitz in den elf Staaten hat, sondern auch bei Geschäften mit Wertpapieren, die in dieser Zone ausgegeben wurden. Die umfasst neben Deutschland und Österreich auch Frankreich, Belgien, Slowenien, Portugal, Griechenland, die Slowakei, Italien, Spanien und Estland.
So ist ausschlaggebend, wer sich an der Transaktion beteiligt und woher die Anleihe stammt, aber nicht der Ort, an dem der Handel getätigt wird. Wenn also eine US-Bank mit österreichischen Wertpapieren in London handelt, muss sie zahlen.
Die Staaten selbst - und staatliche Einrichtungen - werden jedoch nicht besteuert, wenn sie Anleihen ausgeben. Ebenso ausgenommen sind die Europäische Zentralbank oder der Euro-Rettungsschirm. Nicht betroffen sind außerdem alltägliche Banktransaktionen von Firmen und Privatkunden, wie Haus- oder Unternehmenskredite oder Kreditkartengeschäfte.
Wollen die elf Länder die Einnahmen schon im kommenden Jahr lukrieren, müssen sie sich jedoch beeilen. Denn es stehen noch Beratungen an - in ihrem eigenen Kreis, aber auch mit dem EU-Parlament. Zum Verhandler für die Europäische Volkspartei, die größte Fraktion im Abgeordnetenhaus, ist bereits der ÖVP-Abgeordnete Othmar Karas bestellt worden. Die Volksvertretung hat zwar kein Mitentscheidungsrecht, muss aber konsultiert werden. Ebensowenig können nun jene Länder die Einführung der Steuer verhindern, die sich nicht daran beteiligen. Sie haben kein Stimmrecht mehr.