Verordnung für Bagatellverfahren. | Wien/Brüssel. Klagswütigen stehen schon bald Tür und Tor offen. Die EU hat sich auf eine Verordnung geeinigt, mit der man über die Landesgrenzen hinweg einfacher, kostengünstiger und schneller klagen kann.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 17 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Dafür wird das Verfahren grundsätzlich schriftlich sein, vom Anwaltszwang wird abgesehen. Die Entscheidung soll innerhalb der EU sofort und unmittelbar vollstreckbar sein.
"Aufwendungen stehen in keiner Relation"
Das Verfahren gilt allerdings nur für zivil- und handelsrechtliche Forderungen, die 2000 Euro nicht überschreiten. Denn bei solchen Bagatellfällen stehen die Aufwendungen für eine Klage im Ausland meist in keiner Relation zu dem niedrigen Streitwert, erklärt Christine Stockhammer, Pressesprecherin im Justizministerium. Hat zum Beispiel ein Österreicher eine Forderung von 300 Euro gegen einen Dänen, so übersteigen wahrscheinlich schon allein die Kosten für das Flugticket zur Verhandlung in Dänemark den Streitwert.
Die EU-Verordnung, die in den Mitgliedstaaten direkt und unmittelbar anwendbar ist, soll am 1. Jänner 2009 in Kraft treten. "Dann haben wir ein einheitliches erstinstanzliches Verfahren", erklärt Barbara Kloiber aus dem Justizministerium erfreut. Allerdings hat sie Bedenken über die Schriftlichkeit des Verfahrens. Dass ohne mündliche Verhandlung der Sachverhalt ausreichend aufgeklärt werden kann, bezweifelt sie.
Stockhammer versucht zu beruhigen. Immerhin hätten die Gerichte die Möglichkeit, eine mündliche Verhandlung zum Beispiel per Videokonferenz anzuordnen, wenn es Unklarheiten bei den Schriftsätzen gibt. "Die Verordnung schafft eine Balance zwischen Effizienz und Rechtssicherheit", meint die Pressesprecherin.
Einerseits wolle man die Hürden für grenzüberschreitende Streitigkeiten aus dem Weg räumen und das Verfahren so einfach wie möglich gestalten. Andererseits sind auch "Fallnetze eingebaut" - etwa durch die Möglichkeit, Einspruch gegen die Entscheidung zu erheben. Zwar sind die Urteile, die im Bagatellverfahren ergehen, unmittelbar vollstreckbar. Wer Einspruch erhebt, kann die Exekution allerdings auf Sicherungsmaßnahmen beschränken. Das heißt, dass vorläufig nur gepfändet wird. Der Beklagte hat dann die Möglichkeit, den nationalen Rechtsmittelweg auszuschöpfen, sofern ein solcher offen steht.