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Die Einführung eines Europäischen Staatsanwalts im Zuge der EU-Verfassung ist teilweise heftig umstritten. Dennoch wird das neue Grundgesetz die Voraussetzungen dazu schaffen.
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Schwere Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension sowie Straftaten zum Nachteil der Union sollen von der künftigen EU-Staatsanwaltschaft bekämpft werden. Die tatsächliche Einführung der Behörde ist jedoch noch in weiter Ferne. Die neue EU-Verfassung wird lediglich eine "Evolutionsklausel" schaffen, rechnet man in EU-Delegationskreisen in Brüssel.
Das bedeutet, den Mitgliedstaaten wird zunächst nur die Ermächtigung eingeräumt, im EU-Ministerrat eine unionsweite Staatsanwaltschaft zu beschließen. Die Entscheidung müsste dann einstimmig fallen - was aus derzeitiger Sicht unwahrscheinlich ist. Denn EU-Länder wie Großbritannien und Österreich lehnen das Amt als schweren Eingriff in die staatliche Souveränität ab.
"Souveränität beschnitten"
Es handelt sich um ein altes Anliegen der Kommission, das bereits vor dem EU-Vertrag von Nizza im Jahr 2000 gefordert wurde. Die Initiative ging von Haushaltskommissarin Michaele Schreyer und Justizkommissar António Vitorino aus. Ziel ist, den EU-weiten Kampf gegen Korruption und Missbrauch von EU-Geldern zu koordinieren. Viele erhoffen sich davon, den Betrug an europäischen Steuergeldern wie Zolleinnahmen oder Subventionen zu verhindern.
Gerade als Nettozahler müsse Österreich Interesse haben an einer europäischen Staatsanwaltschaft, argumentiert SPÖ-EU-Abg. Maria Berger. Sie hat auch im EU-Verfassungskonvent dafür votiert. Heftigen Widerstand leisten Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) und Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ). Ein Staat würde damit in der Gerichtsbarkeit und im Strafverfolgungsanspruch, also "im innersten Hoheitsbereich" beschnitten.
In der Tat geben auch EU-Experten zu, dass Fragen wie die zuständige Anklagebehörde oder die Weisungsgebundenheit noch ungelöst sind. Es werde daher bei der "Ermächtigungsklausel" bleiben.