Budgetdefizite außer Kontrolle. | Enges Korsett für Bad Banks. | Brüssel. Die Haushalte der Mitgliedsländer können weitere Banken- und Konjunkturpakete kaum mehr stemmen, den Banken drohen neue massive Abschreibungen. Das geht aus Unterlagen hervor, die die EU-Kommission und der Wirtschafts- und Finanzausschuss (WFA) für das Treffen der EU-Finanzminister heute, Dienstag, vorbereitet haben. Die "Financial Times Deutschland" hat bereits vorab Einsicht erhalten.
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Befürchtet wird, dass weitere Maßnahmen zur Stützung von Banken und Konjunktur notwendig sein könnten. Der Spielraum sei jedoch extrem eng - schon für heuer hat Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia Defizitverfahren für sechs bis acht EU-Länder in Aussicht gestellt. Über der laut Stabilitätspakt vorgeschriebenen Grenze von drei Prozent liegen voraussichtlich zehn Länder; die Hälfte aus der Eurozone. Spitzenreiter wird Irland mit mindestens elf Prozent Haushaltsdefizit sein. 2010 dürfte die Gruppe der Defizitsünder auf 16 Länder anschwellen und das Minus der EU-27 einen Schnitt von 4,8 Prozent erreichen. Österreichs Minus wird auf heuer drei und nächstes Jahr 3,6 Prozent geschätzt.
Inklusive steigender Staatsausgaben wie im Sozialbereich schätzt der WFA die Kosten der Konjunkturprogramme bereits auf drei bis vier Prozent des EU-BIP. Das wären rund 400 bis 530 Milliarden Euro. Sechs Prozent oder knapp 800 Milliarden seien bereits als Kapitalspritzen in den Finanzsektor gegangen, die Garantien sollen einen Umfang von 19 Prozent der EU-Wirtschaftleistung oder mehr als 2500 Milliarden Euro umfassen.
Erschwerend kommen für die ohnehin krachenden Länder wie Irland, Griechenland und Spanien höhere Refinanzierungskosten hinzu - sie müssen ihre Staatsanleihen höher verzinsen, um sie überhaupt loszuwerden.
Um nicht noch ein schwarzes Loch zu schaffen, will die EU-Kommission die Leitlinien für so genannte Bad Banks, in die toxische Wertpapiere ausgelagert werden könnten, sehr eng definieren. Diese derzeit unverkäuflichen Papiere, deren Buchwert fraglich ist, sollen demnach nicht einfach auf Staatskosten entsorgt werden dürfen. Zuerst müssten sie nach Parametern, die noch von den Finanzmarktaufsichtsbehörden festzulegen sind, abgeschrieben werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Sollten Banken dann in finanzielle Probleme geraten, könnten die Mitgliedsstaaten entscheiden, sie zu rekapitalisieren oder zu verstaatlichen. Die Auswahl der Papiere müsse EU-weit einheitlich auf eine enge Auswahl von besonders komplexen Hochrisikowertpapieren beschränkt werden.
Neue Auswege aus der Krise sollen die EU-Staats- und Regierungschefs spätestens bei ihrem Gipfel Mitte März finden. Angesichts der prekären Lage haben die Tschechen für Ende Februar einen Sondergipfel zur Vorbereitung eingeschoben.