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EU steckt mehr Geld in den Kampf gegen das Bienensterben

Von Heiner Boberski

Wissen

Varroa-Milbe und Pestizide dezimieren Honigbienenbestand. | Experte sieht ein Hauptproblem im Rückgang der Imker. | Wien. Von 26 auf 32 Millionen Euro pro Jahr will die Europäische Union ab 2011 die Förderung für Imker und die Honig-Vermarktung aufstocken und so dem grassierenden Bienensterben den Kampf ansagen.


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Die Kommission ortet nicht nur eine wirtschaftliche Notlage der Bienenzüchter, sondern auch eine Bedrohung der biologischen Vielfalt. Spanien und Frankreich, die für mehr als ein Viertel der EU-Bestände stehen, sind besonders betroffen. EU-Umweltkommissar Janez Potocnik hält "radikale Wechsel" in unserem Lebensstil und in der Landwirtschaft für erforderlich.

"Wenn die Biene von der Erde verschwindet, dann hat der Mensch nur noch vier Jahre zu leben." Dieses Albert Einstein zugeschriebene Zitat mag übertreiben, "die Schlüsselrolle der Honigbiene in unserem Ökosystem" ist aber für Stefan Mandl, Koordinator der Arbeitsgemeinschaft Bienenforschung an der Wiener Universität für Bodenkultur, unbestreitbar: "Die Biene leistet auf der Erde 80 Prozent der Gesamtbestäubungsleistung. Ohne sie hätten wir keine blühenden Wiesen, keine Obstproduktion, keine pflanzlichen Öle aus Sonnenblume, Raps oder Kürbis." Bienen sind aber auch eine wichtige Nahrung, vor allem für Singvögel. Und, so Mandl, Bienenprodukte - vom Honig bis zu Propolistropfen - wirken sich positiv auf die Gesundheit und damit auch auf die Volkswirtschaft aus.

Das in den letzten Jahren zunehmende weltweite Bienensterben - je nach Region sind die Bestände bis zu 85 Prozent zurückgegangen - wird vor allem auf Milben, Viren, Folgen des Klimawandels und Gifte in der Umwelt zurückgeführt.

An erster Stelle steht die Varroa-Milbe, die zum Beispiel als dafür verantwortlich gilt, dass im Winter 2002/2003 in Deutschland 30 Prozent aller Bienenvölker verendeten. Ein großes Bienensterben in Deutschland 2008 wird dagegen auf eine Vergiftung durch den Pestizidwirkstoff Clothianidin zurückgeführt, mit dem in Österreich nach wie vor Maissaatgut "gebeizt" wird.

Wissen geht verloren

Laut Stefan Mandl, der selbst Imker ist, hat man die Varroa-Milbe einigermaßen "im Griff", wobei er auf alternative Formen der Bekämpfung - etwa mit Ameisensäure - setzt. Die Wissenschaft sieht heute in den von der Milbe übertragenen Viren sowie in den von ihr der Biene zugefügten Verletzungen, die Sekundärinfektionen ermöglichen, die wichtigste Ursache des Bienensterbens.

Konkret wiesen Forscher der Universität Illinois bei betroffenen Bienen eine Störung der Proteinherstellung nach, die Folge eines Virus sein könnte. Derartige Viren programmieren die für die Eiweißproduktion verantwortlichen Ribosomen um, worauf die Biene nicht mehr auf Pestizide, Pilzinfektionen, Bakterien und unzureichende Ernährung reagieren kann.

Für Stefan Mandl hat das Bienensterben in Österreich noch eine Hauptursache: "Es fehlen die Imker, es fehlt an Betreuung der Bienen. Das Wissen geht mit den alten Imkern verloren." Nur eine Handvoll Bienenzüchter, die davon leben, sowie 25.000 Hobby-Imker, betreuen die rund 200.000 Bienenvölker im Land. Da die meisten Imker in Österreich Pensionisten sind, von denen sich jährlich etliche zur Ruhe setzen, und es an Nachwuchs fehlt, nehmen die Bestände rapid ab. Denn in unserem Klima, so Mandl, können ohne perfekte Vorbereitung nur wenige Bienenvölker die Winter überleben.