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EU stellt Weichen für Einwanderung

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Fokus auf Kooperation mit Herkunftsländern. | EU überlegt gemeinsame Grenzpolizei. | Cannes. Strahlend blauer Himmel, die Palmen wiegen sich im Wind, die Luxusjachten schaukeln vor Luxushotels auf azurblauen Wellen. Diese Kulisse wählten die derzeit der EU vorsitzenden Franzosen gestern, Montag, für eine erste Weichenstellung in Richtung einer Einwanderungs- und Asylpolitik beim Treffen der EU-Innenminister in Cannes. Legale Migration soll laut dem anvisierten "Europäischen Pakt für Immigration und Asyl" nach den Bedürfnissen der Arbeitsmärkte der EU-Staaten gefördert, illegale Grenzübertritte und Aufenthalte dagegen sollen rigoros unterbunden werden. Dafür soll verstärkt auf die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern der illegal in die EU kommenden Menschen gesetzt werden - vor allem mit dem Ziel, durch Rückübernahmeabkommen effizienter abschieben zu können. Rund acht Millionen Menschen halten sich ohne Aufenthaltsrecht in der Union auf, schätzt die EU-Kommission.


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Ländersache Asyl

Konkrete Schritte zur Einrichtung eines gemeinsamen Asylsystems mit einheitlichen Kriterien für die Anerkennung von Asylanträgen lassen dagegen weiter auf sich warten: 2012 soll die Kommission einen Vorschlag vorlegen. Lediglich ein EU-Unterstützungsbüro soll ab 2009 bei der Zusammenarbeit der nationalen Asylbehörden helfen.

Ironischerweise haben sich vor allem Länder mit einem liberalen Asylsystem gegen die von Frankreich ursprünglich geplante EU-Asylbehörde ausgesprochen. Stockholm wollte keinesfalls strengere Kriterien zur Asylgewährung. Die meisten Asylverfahren werden jedoch in den Mitgliedsstaaten an den Außengrenzen durchgeführt, die sehr sparsam mit Anerkennungen sind.

Um die EU-Grenzen noch besser schützen zu können, soll die Grenzschutzagentur Frontex gestärkt werden und regionale Büros an den Süd- und Ostgrenzen der Union eröffnen dürfen. Auch über den Aufbau einer europäischen Grenzpolizei soll nachgedacht werden. Das Ziel sei jedoch nicht, eine "Festung Europa" zu errichten, meinte der deutsche Innenminister Wolfgang Schäuble. Die Intensivierung der raschen Rückführungen der illegal Eingereisten in ihre Herkunftsländer erklärte er damit, dass den Schleppern die Geschäftsbasis entzogen werden müsse.

Ein Punkt, der Österreich nicht gefällt, ist indes, dass die so genannte zirkuläre Migration forciert werden soll: Qualifizierte Arbeitskräfte sollen befristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in der EU bekommen. Wien lehnt ein solches System ab.

Legalisierung erlaubt

Keinen Riegel schoben die Minister vorerst Legalisierungen von illegal Aufhältigen in größerem Stil vor: Diese müssten lediglich von Fall zu Fall entschieden und humanitären Hintergrund haben, heißt es im Kompromisspapier. Damit konnte auch der spanische Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba gut leben. Denn nachdem Spanien vor einigen Jahren gut 700.000 illegal Eingewanderte legalisiert hatte, wollte der französische Präsident Nicolas Sarkozy diese Praxis künftig ganz abstellen.