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EU-Streit um Bankdaten-Austausch

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

"Datenschutz ist nicht gesichert." | Innenministerin Fekter will Entwurf so nicht zustimmen. | Auch Kreditkarten-Firmen betroffen? | Wien. Der geplante Austausch von Bankdaten zwischen der EU und den USA im Namen der Terrorbekämpfung sorgt innerhalb der Union für dicke Luft. Bis Ende November soll ein Übergangsabkommen unter Dach und Fach sein. Nun legen sich Österreich, Deutschland, Frankreich und Finnland quer.


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Bereits seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 greifen die US-Behörden auf die Daten des internationalen Finanznetzwerks Swift zu, das weltweit grenzüberschreitende Finanztransaktionen abwickelt. Der Zugriff ist möglich, da Swift bisher alle Daten auch in einem Rechenzentrum in den USA gespeichert hat. Künftig will das belgische Unternehmen innereuropäische Transaktionsdaten aber nur noch in Europa speichern, womit die amerikanischen Terrorfahnder außen vor wären.

Schwere Bedenken

Allerdings sind auch die EU-Staaten prinzipiell an einer Zusammenarbeit beim Aufdecken von Terrorismusfinanzierung interessiert, weshalb sie nun dazu übergehen wollen, den USA entsprechende Daten zu liefern. Ein diesbezügliches Abkommen sollte ursprünglich bis Ende des Monats stehen, nun offenbaren sich allerdings tiefe Gräben.

US-Behörden: Mittels Datenauswertung sollen Terroristen geschnappt werden. Foto: ap

Innenministerin Maria Fekter ließ am Donnerstag die APA wissen, sie könne dem derzeitigen Entwurf nicht zustimmen, da darin der Datenschutz nicht ausreichend gesichert sei.

Auch der Datenschutzbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Peter Schaar, sieht eine "höchst problematische" Entwicklung. Die weitergegebenen Informationen hätten überwiegend keinen Bezug zu den USA, so Schar im Gespräch mit "Spiegel Online". Es handle sich zum großen Teil um rein innereuropäische oder sogar innerstaatliche Überweisungen.

Die EU-Kommission verwies am Donnerstag darauf, dass die Gespräche weiter gingen und die Verantwortung bei der schwedischen Ratspräsidentschaft liege. Ein Grund für die Eile ist auch, dass ab 1. Dezember der Lissabon-Vertrag in Kraft tritt. Ab dann müsste das EU-Parlament in derartige Fragen einbezogen werden. Dies ist auch der Grund, warum zunächst für maximal zwölf Monate ein Interimsabkommen mit den USA geschlossen wird: Ein endgültiger Vertrag soll im kommenden Jahr unter Einbeziehung des Parlaments ausverhandelt werden.

Dass dies einfach werden wird, glaubt der ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Ex-Innenminister Ernst Strasser, nicht. "Ich verlange, dass eine europäische Handschrift klar erkennbar ist - und zwar stärker als bisher", so Strasser zur "Wiener Zeitung". Sollte das nicht möglich sein, "muss Europa auch nein sagen". Es wäre zwar nicht wünschenswert, würde es keine Übereinkunft geben, es sei aber alles zu tun, um unbeteiligte europäische Bürger zu schützen. Dass zunächst ein Übergangsabkommen unter Ausklammerung des Parlaments geschlossen wird, sieht Strasser gelassen: Angesichts der Zeitnot sei dies nichts anders möglich gewesen. Das EU-Parlament habe ohnehin in einem Beschluss Mitte September klare Regeln für die Verhandlungen vorgegeben.

"Mehr als nur Swift"

Über diese könnten sich Kommission und Ratsvorsitz allerdings hinweggesetzt haben: Swift-Österreich-Chef Michael Formann geht davon aus, dass nicht nur sein Unternehmen vom Datenaustausch betroffen sein wird. Zum Beispiel würden große Kreditkartenunternehmen ihre Transfers nicht über Swift, sondern über eigene Netzwerke abwickeln.

Strasser zufolge wäre ein Austausch von Kreditkarten-Daten nicht im vom Parlament erteilten Arbeitsauftrag enthalten. Man werde sehen, was im endgültigen Text des Abkommens stehen wird. Ein klares Dementi gibt es seitens - möglicherweise - betroffener Unternehmen jedenfalls nicht: Ähnlich wie Swift verweist etwa auch Mastercard darauf, dass man sich immer nach der geltenden Rechtslage richten werde.

Formann betont, dass die Debatte zu Verunsicherungen bei den Kunden (großteils Banken und Versicherungen) geführt habe. Mit der Verlegung der Daten-Speicherung nach Europa habe Swift auch entsprechend reagiert. Der Bau eines weiteren Rechenzentrums außerhalb der EU wäre derzeit kein Thema. Überlegungen, Inlandstransaktionen nur im jeweiligen Land zu speichern, gibt es aber: Hier ortet Formann "erhöhten Gesprächsbedarf" seitens der Kunden.