Zum Hauptinhalt springen

EU sucht keinen Superstar

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
© Wiener Zeitung

Die Bestellung der neuen EU-Kommission und der Spitzen-Jobs zeigte, dass Europa alles sucht, nur keinen Superstar. Die "Realverfassung", also die Dominanz von Deutschland und Frankreich (plus derzeit Großbritannien), bleibt erhalten, Lissabon-Vertrag hin oder her. Wie es ausschaut, werden sich die großen Länder nun die starken Ressorts (Dossiers genannt) krallen. Deren Kommissare waren bisher eher den kleineren Ländern vorbehalten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Dass der neue EU-Präsident nicht gleichberechtigt neben Merkel und Sarkozy leuchten darf, passt da ins Bild. Zwar hat der "Aufstand der Frauen" nun dazu geführt, dass plötzlich tatsächlich weibliche Kandidaten ins Rennen geschickt wurden, aber die neue EU-Spitze geht gleich einmal beschädigt ans Werk. Der neue EU-Präsident und die Britin Ashton als Außenministerin gelten durch die unwürdigen Personalspekulationen weltweit als "kleinster gemeinsamer Nenner". Was auch stimmt. In Washington und Peking wird das ganze eher belächelt worden sein.

Die Glaubwürdigkeit der EU ist nicht gerade gestiegen, eine fatale Entwicklung. Der frühere Regierungschef Wolfgang Schüssel hat schon recht, wenn er ein "global mindset" der EU einfordert: Es muss auch der Wille vorhanden sein, mit den anderen Mächten wie den USA und China mitzuhalten.

Die EU ist zwar nach wie vor der mächtigste Wirtschaftsraum der Welt, aber deren politische Durchsetzungsfähigkeit hinkt stark hinterdrein. In den internationalen Organisationen, die durch die Krise aufgewertet wurden, sprechen die Europäer nach vor mit vielen Zungen statt mit einer.

Das macht das Spiel für Amerikaner und Chinesen allzu einfach. Bei den Bankenrettungs- und Konjunkturmaßnahmen hat sich gezeigt, dass die EU nicht besonders koordiniert vorgeht. Die wirtschaftliche Entwicklung zeigt, dass sich Europa auch am Arbeitsmarkt etwas Neues einfallen lassen müsste. Das Wachstum ist zu gering, um Arbeitsplätze zu schaffen. Eine europaweite Neuverteilung von Arbeit wäre eine probate Antwort. Ob die neue EU-Spitze aber Dynamik in die europäische Weiterentwicklung bringen kann, ist eher zu verneinen. Schade.

Siehe auch:Analyse: Topjobs: Ihr Gewicht wird sich erst in Jahren zeigen

+++ EU-Kommission wird weiblicher

+++ Frauenaufstand zeigte Wirkung

+++ Hohe Meinung von EU