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Im Gespräch sind Reformen für Steuer- und Sozialbereich. | Moodys stuft Irland dramatisch ab. | Brüssel. Diesmal hat sich die US-Ratingagentur Moodys etwas Neues einfallen lassen: Nicht wie üblich vor dem EU-Gipfel schritt sie zur Tat, sondern währenddessen. Kurz nach der Einigung der Staats- und Regierungschefs auf eine minimale Änderung des Lissabonner Vertrags zur Etablierung eines permanenten Euro-Rettungsschirms senkte sie am Freitag die Bewertung für Irland dramatisch. Gleich um fünf Noten von "Aa2" auf "Baa1" revidierten die Auguren die Zuverlässigkeit irischer Staatsanleihen nach unten. Damit liegen die Papiere nur zwei Stufen über Ramschniveau. Und der Ausblick bleibt negativ; sollte das Land seine Schulden nicht bald in den Griff bekommen, drohe eine weitere Herabstufung.
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Die Einigung auf den neuen Mechanismus für die Stabilisierung des Euro ab Mitte 2013 ("European Stability Mechanism", ESM) sowie der Auftrag an die Finanzminister diesen detailliert auszuarbeiten, entpuppten sich daher erneut als Zwischenschritte. Diese seien notwendig gewesen, weil Deutschland sich sonst künftig nicht mehr beteiligt hätte, sagte Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann. Der Fokus richte sich jetzt auf eine stärkere wirtschaftspolitische Koordinierung der Euroländer, sagte er ähnlich wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Nicolas Sarkozy. Die beiden planen offenbar, einen Vorschlag nach dem Jahreswechsel vorzulegen. Im Grunde geht es darum, eine neue Basis für den Euroraum zu schaffen, dessen Länder wirtschaftlich auseinanderdriften.
Heikle Steuereingriffe
Dabei stehe die EU vor einer "Richtungsentscheidung", erklärte Faymann. Wie die Koordinierung für mehr Wettbewerbsfähigkeit aussehen soll, darüber gibt es keine Einigkeit. Er selbst fordere Mindeststandards gegen Steuerdumping, die Stärkung des Arbeitsrechts für internationale Arbeitnehmer und verteilungsgerechte Einnahmen wie die Finanztransaktionssteuer und die Bankenabgabe. Andere folgten lieber dem "alten Motto", Löhne und Steuern zu senken.
Leicht umzusetzen sind Faymanns Vorschläge nicht. Allein die Forderung nach weiter reichenden Mindeststeuersätzen, wie sie derzeit nur für die Mehrwertsteuer existieren, verspricht massive Schwierigkeiten. Schließlich gehören Steuern zu den letzten strikt nationalen Kompetenzen; Einstimmigkeit ist erforderlich. Wie heikel der Bereich ist, zeigten die Verhandlungen von EU, EZB und IWF mit Irland über das 85-Milliarden-Euro-Rettungspaket im November. Die Iren lösten lieber Pensionsrücklagen über 17,5 Milliarden Euro auf, als ihre Unternehmenssteuer von 12,5 Prozent anzutasten. In Österreich liegt sie bei 25 Prozent.
Doch für dieses Jahr sollten die Euro-Stabilisierungsbemühungen einmal abgeschlossen sein. Wie berichtet hat sich der EU-Gipfel geeinigt, eine "Ermächtigungsklausel" in den Lissabonner Vertrag einzufügen. Auf deren Basis wollen die Euroländer den zwischenstaatlichen ESM außerhalb der EU-Strukturen für jene Zeit errichten, wenn der gegenwärtige 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm im Juni 2013 ausläuft. Unter bestimmten Umständen sollen ab dann private Gläubiger bei Staatsinsolvenzen in die Verantwortung gezogen werden. Dafür sollen identische Umschuldungsklauseln in die Staatspapiere eingefügt werden. Betroffene Investoren entscheiden dann im Ernstfall mit qualifizierter Mehrheit, wie dem Schuldnerstaat am Abgrund geholfen wird. Zur Auswahl stehen etwa ein Zahlungsmoratorium, die Verlängerung der Restlaufzeit der Anleihen, Senkung der Zinsen oder Abschläge von den Forderungen ("haircuts"). Für vorher emittierte Papiere gilt das nicht.
Den großen US-Ratingagenturen will die EU stärker auf die Finger schauen. Konkret müssen Moodys, Standard&Poors und Fitch der per 2011 in Paris etablierten europäischen Wertpapier- und Börsenaufsicht (Esma) Einblick in interne Unterlagen geben, um Bewertungen und Zeitpunkte der Ratings nachvollziehbar zu machen. Verweigern die Agenturen die Zusammenarbeit, kann Esma Strafen bis zu 20 Prozent des Jahresumsatzes verhängen.