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EU / Türkei: Krisentreffen der Außenminister

Von WZ Online

Europaarchiv
Kompatibel oder nicht?
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Österreich hält seinen Widerstand aufrecht | Britische Ratspräsidentschaft gegen weitere Kompromisse | Vier Tage vor dem geplanten Beginn der Verhandlungen mit der Türkei hat Österreich eine Einigung über das erforderliche Mandat für die Gespräche blockiert. Die EU-Botschafter in Brüssel erzielten am Donnerstag erneut keinen Konsens, wie Diplomaten mitteilten. Die EU-Außenminister müssen nunmehr bei einem Krisentreffen am Sonntagabend die letzte Hürde aus dem Weg räumen, damit die Beitrittsverhandlungen wie geplant am Montag beginnen können.


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Österreich hält seinen Widerstand gegen den vorliegenden Text weiter aufrecht. Es sei mit "schwierigen Verhandlungen" zu rechnen, hieß es in EU-Ratskreisen. "24 Länder waren bereit, den Text anzunehmen", erklärte ein Diplomat. Die britische EU-Ratspräsidentschaft habe zudem klar gemacht, dass die österreichischen Änderungswünsche "eine politische Frage" seien, die nach Ansicht des Vorsitzes die Türkei-Beschlüsse des EU-Gipfels vom Dezember 2004 wieder aufschnüren. Damals hatten sich die EU-Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V), darauf geeinigt, dass das Ziel der Verhandlungen mit Ankara ein EU-Beitritt der Türkei sei, das Ergebnis der Gespräche aber offen ist.

In einem Interview mit der "International Herald Tribune" vom Donnerstag bekräftigte Schüssel die Forderung nach einer "Alternative" zu einem Vollbeitritt der Türkei. Wenn Ankara nicht die Kriterien für einen Beitritt erfülle, "dann soll die Türkei so stark wie möglich an Europa angebunden werden, und wenn die Union die Türkei nicht aufnehmen kann, dann suchen wir die stärkste mögliche alternative Anbindung", sagte er. "Wir drohen nicht, aber wir wollen mehr positive Elemente in den Verhandlungsrahmen einbauen."

Die britische EU-Ratspräsidentschaft zeigte sich am Donnerstag zu keinen weiteren Zugeständnissen bereit. Der Entwurf für das Mandat blieb gegenüber den vergangenen Beratungen der Botschafter unverändert.

In diesem Entwurf wird der österreichischen Forderung nach einer stärkeren Berücksichtigung der EU-Aufnahmefähigkeit gegenüber der Kommissionsvorlage etwas stärker Rechnung getragen. Ein Satz, wonach der Prozess der Beitrittsverhandlungen "alle Kopenhagener Kriterien berücksichtigen (wird), inklusive die Aufnahmefähigkeit der Union", wurde in den Text hinzugefügt. Der Hinweis, dass die Aufnahmefähigkeit der Union ein "wichtiger Gesichtspunkt" ist, war allerdings bereits vorher im Mandat enthalten.

Wie EU-Diplomaten weiter mitteilten, wird das Treffen der EU-Arbeitsgruppe zu Kroatien mit der UNO-Chefanklägerin Carla Del Ponte voraussichtlich Montag Früh in Luxemburg stattfinden. Bundeskanzler Schüssel hat in einem Interview mit der "Financial Times" vom Donnerstag den anderen EU-Staaten vorgeworfen, Kroatien und die Türkei mit doppelten Standards zu messen.

Die EU-Kommission warnte vor einer Verknüpfung der Beitrittsgespräche mit der Türkei und mit Kroatien. Aus Sicht der Kommission stünden diese beiden Fälle "in keinem Zusammenhang", sagte eine Sprecherin von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn am Donnerstag in Brüssel. Es sei ein Prinzip von Beitrittsverhandlungen, dass "jedes Land nach seinen eigenen Verdiensten beurteilt wird". Die EU sei bereit, die Verhandlungen mit Kroatien "unverzüglich zu beginnen", sobald die "volle Zusammenarbeit" des Landes mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag bestätigt werde, sagte die Sprecherin.