Ein Abkommen zwischen den beiden Partnern soll deren Wirtschaft ankurbeln - und ein Signal gegen Abschottung aussenden.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 7 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Brüssel/Wien. Es soll nicht zuletzt ein Zeichen gegen den Protektionismus sein. Wenn die EU und Japan am morgigen Donnerstag ihr gemeinsames Handelsabkommen vereinbaren, wollen sie ein Signal aussenden, dass Kooperation und nicht Abschottung der Märkte die richtige Antwort auf globale Herausforderungen sei. So zumindest formuliert es die EU-Kommission, die die Hauptverantwortung für die 2013 begonnenen Gespräche mit Tokio trug.
Sie preist die Vereinbarung, indem sie deren Vorzüge in Zahlen fasst. Nach Inkrafttreten des Abkommens würden Zölle in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro pro Jahr wegfallen. Die Lebensmittelexporte der EU könnten um 180 Prozent steigen, die Ausfuhren von Chemikalien um 20 Prozent.
Schon jetzt gehört Japan zu den wichtigsten Handelspartnern der Union. Im asiatischen Raum ist es nach China der zweitgrößte Partner. Jährlich exportiert die EU dorthin Waren und Dienstleistungen im Wert von 86 Milliarden Euro. Verbunden sind damit nach Kommissionsangaben mehr als 600.000 Jobs. Umgekehrt beschäftigen japanische Unternehmen in der EU mehr als eine halbe Million Menschen. Zusammen stehen die Union und Japan für ein Drittel der globalen Wirtschaftskraft.
Protesten Rechnung getragen
Allerdings sind solche Handelsabkommen keine rein ökonomische Angelegenheit. Sie sind auch politisch. So ist das Signal gegen Protektionismus, von dem die Rede ist, auch eine Botschaft an die US-Regierung, die Schutzmaßnahmen für die US-Märkte ergreifen will und aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen mit Staaten wie eben Japan, Australien, Kanada, Mexiko, Singapur und Neuseeland ausgestiegen ist. Für Japan war das ein Schlag.
Den G20-Gipfel in Hamburg am Freitag und Samstag wollen die einflussreichen Industrieländer denn auch dazu nutzen, US-Präsident Donald Trump von der Notwendigkeit eines freien Handels zu überzeugen. Doch dem Politiker missfällt, dass sein Land weit weniger exportiert denn importiert - was beispielsweise für Deutschland nicht der Fall ist. Daher droht Trump mit Einfuhrzöllen und -beschränkungen.
Jedoch gibt es auch in der EU selbst Einwände gegen Handelsabkommen. So wurde das Zustandekommen von Ceta, der Vereinbarung mit Kanada, lange Zeit von einem Regionalparlament in Belgien blockiert. Die geplante transatlantische Handelspartnerschaft TTIP zwischen EU und USA liegt sowieso auf Eis. Die Proteste in Europa entzündeten sich unter anderem an Befürchtungen, dass europäische Standards etwa zur Lebensmittelqualität verwässert werden könnten sowie an den angepeilten Investitionsschiedsgerichten, die dem Zugriff staatlicher Rechtssprechung entzogen werden sollten.
Dem wurde bei den Verhandlungen mit Japan Rechnung getragen, meint die EU-Kommission. Die Schiedsgerichte in ihrer ursprünglichen Form seien für die EU gestorben, heißt es in der Brüsseler Behörde. Das Gremium, das nun Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten lösen soll, soll mit Richtern besetzt werden, die von den zwei Parteien bestimmt werden. Außerdem beinhalte das Abkommen Verpflichtungen zur Einhaltung von Standards in den Bereichen Qualitätskontrolle und Lebensmittel-Sicherheit, Arbeitsrecht sowie Umweltschutz - was ebenso ein Bekenntnis zu den Pariser Vorgaben zum Klimaschutz umfasst.
Details noch zu klären
Dennoch sind noch nicht alle Details der Vereinbarung festgezurrt - weder zu den Investitionsgerichten noch zu bestimmten Importvorschriften. Wann das Abkommen endgültig abgeschlossen wird und in Kraft treten kann, ist daher noch offen.
Davon lassen sich die zwei Handelspartner aber nicht beirren. Sie wollen am Donnerstag, kurz bevor Japans Premierminister Shinzo Abe zum G20-Treffen weiterreist, eine grundsätzliche Einigung erzielen. Es sei nämlich wichtig, "die Flagge des freien Handels" zu schwenken, befand Abe. Die letzten Details können auch nachher geklärt werden.