Wien - Am vergangenen Mittwoch startete in der Slowakei offiziell die Kampagne für die Parlamentswahlen am 20. und 21. September. Bereits seit Wochen ist ganz Bratislava mit Parteiplakaten zugekleistert. Auffällig ist die hohe Zahl an Pro-EU-Slogans - dabei wird der geplante Beitritt gar kein zentrales Wahlkampfthema sein.
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Zu eindeutig ist die allgemeine Übereinstimmung im Land, dass der Weg nach Brüssel nicht mehr umkehrbar ist. Die Zustimmung der Bevölkerung zur Union steigt sukzessive an, bei einer Umfrage Ende Juli sprachen sich stolze 77,5 Prozent für einen Beitritt aus. Quer durch das breite Parteienspektrum herrscht in dieser Frage Konsens. Daher verstehen viele Slowaken Zurufe aus Brüssel nicht, die davor "warnen", dass eine Wahl des ehemaligen Ministerpräsidenten Vladimir Meciar die Aufnahme zumindest verzögern könnte.
Sogar einer NATO-Mitgliedschaft steht Meciar heute positiv gegenüber - nichtsdestotrotz erklärte US-Senator John McCain Ende vergangener Woche im Rahmen eines Vortrags in Bratislava, dass eine Aufnahme in das Nordatlantische Bündnis bei einer Rückkehr Meciars an die Macht nicht in Frage käme. Überhaupt spielen die USA im Wahlkampf eine überraschend gewichtige Rolle. So werden NGOs, die bereits den letzten Urnengang mitentschieden haben, von amerikanischen Geldgebern massiv unterstützt. Ziel ist wohl erneut die "Verhinderung" Meciars. Nach Angaben der Tageszeitung "Sme" stehen dafür rund 100 Mill. Kronen (2,5 Mill. Euro) zur Verfügung - eine stolze Summe im Vergleich zu den 12 Mill. Kronen, die Parteien im Wahlkampf ausgeben dürfen.
Ob das bei den Slowaken auf fruchtbaren Boden fällt, ist mehr als fraglich. Die EU- und US-Bemühungen könnten einen "Jetzt-erst-Recht"-Effekt auslösen und Meciar zusätzliche Wähler zutreiben. Meciars HZDS, die sich in den Umfragen zuletzt im steilen Sinkflug befand - von 28 auf 18 Prozent in nur einem Monat - kann jedenfalls die Trendwende noch schaffen. Für die momentane Mitte-Rechts-Regierung setzt es derzeit eine Niederlage nach der anderen. So musste der Generaldirektor des staatlichen Fernsehens STV gehen, und der kürzlich verhaftete Ex-Geheimdienstchef Ivan Lexa auf Grund eines Formfehlers wieder auf freien Fuß gesetzt werden - für viele ein Erfolg Meciars.