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EU: Unfairer Wettbewerb beim ORF?

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Definition des öffentlichen Auftrags nicht konkret genug. | Der Brief der Kommission zum Download. | Brüssel. Dem ORF stehen einige Änderungen ins Haus. Denn die EU-Kommission findet, dass er staatliche Beihilfen empfängt, die nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Zwar sei es legitim, den öffentlich-rechtlichen Auftrag über verpflichtende Gebühren der Radiohörer und Fernseher zu finanzieren. 463 Millionen Euro an Pflichtbeiträgen hat der Staatssender 2006 laut Kommission bei einem Gesamtumsatz von 897 Millionen eingenommen.


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Allerdings müsse der öffentlich-rechtliche Auftrag konkreter umrissen werden, schreibt Brüssel in einem Brief an die österreichische Regierung. Die einschlägigen Rundfunkgesetze müssten nachgebessert werden. Denn bedenklich sei die mögliche Quersubventionierung des Online-Dienstes ORF.at sowie des Spartenkanals ORF Sport Plus/TW1, bei denen der öffentliche Auftrag im besten Fall unklar sei. Diese Angebote stehen nämlich in direktem Wettbewerb zu privaten Konkurrenzanbietern, die über keine Gebührenfinanzierung verfügen. Der faire Wettbewerb könnte beeinträchtigt werden, findet die EU-Kommission.

Diese werde zwar niemals versuchen, den Mitgliedsstaaten eine EU-Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags vorzuschreiben, hieß es in Kommissionskreisen: "Da würden wir uns auf ein Minenfeld begeben." Dies sei ganz klar die Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass sich die staatliche Finanzierung auf die Nettokosten des öffentlichen Auftrags beschränke.

Marktwirtschaftliche Prinzipien eingefordert

Rein kommerzielle Aktivitäten dürften nicht von den staatlichen Zuwendungen profitieren. Überschüssige Einnahmen müssten dem ORF zum Ende eines angemessenen Zeitraums, der vier Jahre nicht übersteigen dürfe, entzogen werden. Gesetzlich garantiert werden müsse, dass Onlinedienst und die Spartenkanäle sich gemäß den Marktprinzipien verhalten. Etwa das Unterbieten von Preisen beim Verkauf von Werbezeit wegen des Rückhalts durch die Gebühren müsse verboten sein und entsprechend kontrolliert sowie sanktioniert werden.

Die Prüfung des ORF ist der jüngste Fall, in dem die EU-Kommission öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu Leibe rückt. Vergangenes Jahr waren die deutschen Sender ARD und ZDF im Visier, davor die Staatssender in Frankreich, Spanien und den Niederlanden. Allerdings konnten sich die Fernsehunternehmen bisher stets gütlich mit Brüssel einigen. Ein wesentliches Element war der Verzicht von Werbebannern im Rahmen der Internetauftritte der Anstalten.

Bei dem Brief der EU-Kommission handelt es sich also um einen ersten Schritt in Richtung eines möglichen Strafverfahrens wegen unzulässiger staatlicher Beihilfen. Auslöser waren mehrere Beschwerden wegen der Gebührenfinanzierung des ORF.

+++ Der EU-Brief im Originaltext