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Das inoffizielle Verbot der Europäischen Union, gentechnisch veränderte Organismen neu zuzulassen, dürfte nach mehr als fünf Jahren endgültig auslaufen. Gestern hat sich die EU-Kommission auf einen Vorschlag geeinigt, wonach die einzelnen EU-Mitgliedstaaten eine gentechnisch veränderte Süßmaissorte, Bt-11, genehmigen sollen. Wahrscheinlich ist, dass ab April dieses Jahres weitere derartige Produkte in gekennzeichneter Form auch in Österreich verkauft werden dürfen.
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Die Entscheidung über eine Zulassung liegt jetzt zwar beim EU-Ministerrat, die Veto-Möglichkeit des Gremiums ist allerdings beschränkt: Sollte es binnen 90 Tagen zu keiner Mehrheitsentscheidung für oder gegen eine Genehmigung kommen, dann könnte die Kommission die Entscheidung alleine treffen und damit den Verkauf der Maissorte auch in Österreich durchsetzen. Mit weiteren derartigen Zulassungen, denen ein strenges Prüfverfahren vorgeschaltet ist, wird dann zu rechnen sein.
Kennzeichnungspflicht
Die EU-Kommission hat trotz existierender rechtlicher Basis seit Jahren keine neuen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) zugelassen. Am 18. April tritt allerdings ein neues EU-Gesetz in Kraft, wonach nicht nur die Zulassungsvorausetzungen verschärft, sondern auch Rückverfolgbarkeit und absolute Kennzeichnungspflicht eingeführt werden. Das hat Brüssel zum Anlass genommen, das informelle Gen-Moratorium zu beenden. Weitere 22 Ansuchen zur Vermarktung von GVO liegen übrigens bereits bei in den Schubladen der Behörde. Darunter neben Mais auch Raps, Zuckerrüben, Soja, Baumwolle, Reis und Futterrüben. Die Hälfte dieser Produkte soll nur importiert, die andere Hälfte soll auch angebaut werden.
Die Vereinigten Staaten haben in der Vergangenheit, unterstützt von Kanada und Argentinien, das EU-Moratorium massiv kritisiert und Klage vor der Welthandelsorganisation WTO eingebracht. US-Farmer beklagen, dass sie durch den EU-Bann jährlich einen Schaden in Millionenhöhe erleiden. In den USA ist das Verändern der Gen-Struktur bei Pflanzen schon länger an der Tagesordnung. 75 Prozent der Soja-Ernte und 71 Prozent der Baumwolle ist dort gentechnisch verändert.
Manipulierte Genstruktur
Bei genetisch modifizierten Pflanzen werden individuelle Gene kopiert und einem anderen Organismus eingepflanzt. Dabei wird der von der Natur vorgegebene genetische Aufbau einer Pflanze grundlegend verändert. Die Saaten werden etwa dahingehend manipuliert, dass sie gegen Schädlinge und Pflanzenschutzmittel resistenter werden.
Die Anhänger dieses Verfahrens meinen, dass Genmanipulation Kosten senkt, den Ernteertrag steigert, den Gebrauch von Chemikalien senkt und mithilft, den Hunger in der Welt zu bekämpfen. Vor allem das letzte Argument ist schwer anzuzweifeln.
Sorge um Umwelt
Gentechnik-Gegner sind über gesundheitliche Risiken und eine potentielle Gefährdung der Umwelt besorgt. Sie führen ins Treffen, dass es bislang noch zu wenige Studien gibt, die beweisen, dass gentechnisch veränderte Organismen die natürlichen Arten nicht beeinträchtigen. Dass die Europäische Union seit 1998 keine weiteren Gen-Experimente erlaubt hat, geschah als Reaktion auf genau diese Befürchtungen. Steigende Besorgnis unter den Konsumenten haben im Laufe der 90er Jahre unter anderem Österreich, bewogen, bereits genehmigte gentechnisch veränderte Organismen zu verbieten.