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Der Verkehr - insbesondere auf der Straße - belastet Umwelt und Bevölkerung. Das weiß das kleine Transitland Österreich nicht erst, seit es Mitglied der Europäischen Union ist. Im Zuge der geplanten Erweiterung ist mit einer weiteren Zunahme des Verkehrs zu rechnen, meint die EU-Kommission in den Leitlinien zum Weißbuch Verkehr. Das Verkehrskapitel in den Beitrittsverhandlungen wird im Herbst geöffnet. Wird Österreich auch hier eine Schutzfrist verlangen, während um eine Nachfolgeregelung für den Transitvertrag gerungen wird?
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Die Belastungen für Umwelt und die Gesundheit der Bürger hat die EU-Kommission als große Probleme des europäischen Verkehrssystems benannt. Zum Ausbau des "transeuropäischen Verkehrsnetzes" - der (EU-)Länder übergreifenden Verkehrslinien - müssten bereits beschlossene Projekte auch durchgeführt werden. In der Tat harrt nach Jahren verkehrspolitischer Diskussionen manche gut gemeinte Idee noch der Umsetzung, wie der Brenner-Basistunnel.
Von Wettbewerbsfähigkeit zu Nachhaltigkeit
Im Eisenbahnsektor sollen Engpässe beseitigt werden, "um den durch die EU-Erweiterung insbesondere in den Grenzregionen zu erwartenden Verkehrsstrom aufzufangen", heißt es in den Verkehrsleitlinien (die "Wiener Zeitung" berichtete). Zudem soll - für Österreich von geringer Bedeutung - die See- und Binnenschifffahrt gefördert, dem Transeuropäischen Netz (TEN) entsprechend sollen dort Hochgeschwindigkeitswege geschaffen werden.
Die TEN - das sind neben Verkehrs- auch Energie- und Telekomprojekte - hat Europa dem bis 1994 amtierenden Kommissionspräsidenten, Jacques Delors, zu verdanken. Die Projekte sind eines der Kernelemente des seinerzeitigen Weißbuches zu Wachstum und Beschäftigung, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU gegenüber den USA und Japan zu stärken. In der Zwischenzeit (seit dem vergangenen Jahr) hat sich die EU dem Lissaboner Prozess verschrieben: Die Union soll bis 2010 zum weltweit größten wissensbasierten Wirtschaftsraum werden. Und in der Verkehrsproblematik wurde (beim EU-Gipfel in Göteborg im vergangenen Juni) die "Gewährleistung der Nachhaltigkeit" festgeschrieben. Der Anstieg des Verkehrsaufkommens müsse vom Wirtschaftswachstum entkoppelt werden. So ändern sich die Zeiten.
Österreich hat sich bis zum Jahr 2010 etwa den Ausbau von 2.300 Kilometer des Schienennetzes zu Hochleistungsstrecken vorgenommen. Die Strecke Wien-Prag könnte bis 2005 in dreieinhalb (derzeit fünf) Stunden zurück gelegt werden. Als TEN-Knoten ist der Bundeshauptstadt vor allem die Errichtung eines Hauptbahnhofes Wien wichtig - wie es überhaupt in der ostösterreichischen Verkehrsinfrastruktur Nachholbedarf gibt.
Durch die anstehende Erweiterung der EU ist Österreich - mit Deutschland - der am meisten betroffene Mitgliedstaat. Die EU-Kommission rechnet mit einem deutlichen Verkehrsanstieg. Ohne gegensteuernde Maßnahmen werde der Schwerverkehr bis 2010 (gegenüber 1998) um fast 50 Prozent zunehmen, durch bessere Nutzung anderer Verkehrsträger nur um 38 Prozent.
Grenzüberschreitend an TEN anknüpfen
Für 2004 hat die Kommission eine umfassende Änderung des Transeuropäischen Netzes angekündigt; u.a. sollen die Regionen in Randgebieten des Kontinents besser angeschlossen und die Netze der Beitrittsländer mit denen der EU-Länder verbunden werden. Nach einem optimistischen Szenario wird die Union 2004 aber bereits neue Mitglieder aufgenommen haben. Zu den noch bevorstehenden Beitrittsverhandlungen über das Verkehrskapitel hat die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) die Forderung nach Übergangsregelungen als "letztes Schutzschild" angemeldet. Bereits jetzt leide das Transportgewerbe unter dem enormen Wettbewerbsdruck aus dem Osten. Es solle eine achtjährige Schutzfrist geben, die schrittweise gelockert werden könnte.
Anstatt in die Verkehrsinfrastruktur zu investieren, appellieren indes Umweltschützer unbeirrt, sollte die Verkehrsbelastung insgesamt reduziert werden.