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EU verschärft Finanzaufsicht

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Parlament und EU-Länder einigen sich. | Neue Aufsicht ab Anfang 2011. | Brüssel. Rechtzeitig zu Jahresbeginn 2011 wird es eine deutlich stärkere europäische Finanzmarktaufsicht geben. Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich darauf Donnerstagabend das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten.


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Laut Kompromiss darf die neue Europäische Bankenaufsicht (EBA) in Krisensituationen direkte Anweisungen an Finanzinstitute erteilen. Im Gegenzug dürfen die Finanzminister bestimmen, wann so ein Krisenfall tatsächlich eingetreten ist. Die Einigung ist auf der Basis eines Verhandlungsmandats erfolgt, dem Großbritannien und Tschechien am Vormittag nicht hatten zustimmen können. Diplomaten erwarten jedoch, dass die beiden Länder den Kompromiss bei der Formalisierung im Rahmen einer EU-Botschaftersitzung demnächst mittragen werden.

Drei neue Behörden

Trifft diese Einschätzung zu, kann das Parlament die neue EU-Finanzmarktaufsicht noch in der zweiten Septemberhälfte absegnen. Zu Jahreswechsel würden die drei bereits bestehenden Markt- Ausschüsse zu Aufsichtsbehörden aufgewertet. Geplant sind die EBA in London, die Aufsicht für Versicherungen und Pensionsfonds (EIOPA) in Frankfurt und eine Börsenaufsicht (ESMA) in Paris. Das EU-Parlament wollte zunächst alle drei Gremien in Frankfurt ansiedeln, In drei Jahren soll die Sitzfrage erneut geprüft werden.

Hauptstreitpunkt seien stets die Befugnisse der EBA gewesen, hieß es in Diplomatenkreisen. Sie darf in drei Fällen verbindliche Anweisungen erteilen, und zwar zunächst an die nationalen Behörden und dann auch an die Institute selbst. Erstens darf sie einschreiten, wenn die nationale Aufsicht gegen EU-Recht verstößt; zweitens hat sie das letzte Wort bei Unstimmigkeiten zwischen zwei nationalen Aufsichtsbehörden und drittens eben im Krisenfall. Wird dieser von den Finanzministern erklärt, kann die EBA etwa vorübergehend besonders riskante Finanzgeschäfte verbieten. Bei Streitigkeiten und in Krisensituationen können die Mitgliedsstaaten die Entscheidungen der EU-Behörden mittels eines extrem komplizierten Mechanismus stoppen, wenn ansonsten gravierende Auswirkungen auf die nationalen Haushalte drohten.

Zusätzlich soll ein Frühwarnsystem installiert werden, das wirtschaftspolitische Empfehlungen geben kann. Die schärfste Waffe dieses sogenannten European Systemic Risk Board (ESRB) ist die Veröffentlichung von Analysen, was für betroffene EU-Staaten unangenehm sein könnte.

Mit dem Ende der Verhandlungen ist ein grundlegendes Kapitel zur Reform der Finanzmärkte abgeschlossen. Die konkreten Befugnisse der EIOPA und der ESMA müssen erst noch in gesonderten Rechtsakten präzisiert werden. Noch im September will die EU-Kommission daher nachlegen und Vorschläge für die Regulierung von Leerverkäufen und den Handel mit Derivaten präsentieren. Derartigen Wetten auf die Kursentwicklung von Wertpapieren, Rohstoffen, Aktienindizes oder Devisen wird ein wesentlicher Anteil am Ausbruch der Finanzkrise im Herbst 2008 zugeschrieben.

Frage der Umsetzung

Ein weiteres Problem hat die Krise insofern aufgezeigt, als viele marode Banken einfach zu groß gewesen sind, um sie nicht mit Staatshilfen retten zu müssen. In den USA forderten Notenbank-Chef Ben Bernanke und die Vorsitzende der Einlagensicherungsbehörde, Sheila Bair, am Donnerstag deshalb eine umfassende Implementierung der Finanzreform von Präsident Barack Obama. Dies würde den Behörden in Zukunft ermöglichen, den Umgang mit zusammenbrechenden Finanzkonzernen ohne Staatshilfen zu meistern. Würde die Reform nicht ordentlich umgesetzt, könnten künftige Krisen möglicherweise nicht vermieden werden.