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WZ-Interview mit dem Auslandschef des irischen Industrie-Verbands. | "Wiener Zeitung": Es ist ja recht unüblich, dass sich eine Industriellenvereinigung im Wahlkampf engagiert. Wieso sind Sie dabei?
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Brendan Butler: Wir haben uns zu diesem ungewöhnlichen Schritt entschieden, weil der Vertrag Punkte enthält, die für unsere Wirtschaft gut sind. Wir müssen den Herausforderungen gewachsen sein, die sich aus einem Markt mit China, Indien oder Brasilien ergeben. Welche Chance hätte denn Irland, zumal dessen Handelsminister, mit China ein Abkommen zum Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen zu schließen? Überhaupt keine. Europa hingegen kann das.
Wie ist die irische Wirtschaft konkret vom Lissabon-Vertrag betroffen?
Da wäre einmal die Energiesicherheit. 95 Prozent unserer Energie beziehen wir von fossilen Brennstoffen und sind gleichzeitig weit entfernt von Russland oder dem Mittleren Osten. Europa hat sich darauf geeinigt, in Energieangelegenheiten zu kooperieren und die Vernetzung zu unterstützen. Das ist gut fürs Geschäft. Dann geht es uns noch um die Transportinfrastruktur, vor allem bei den neuen Mitgliedstaaten. Irland exportiert 90 Prozent von dem, was im Land produziert wird. Wenn also die Infrastruktur besser wird und somit unsere Waren schneller und billiger transportiert werden können, dann ist das sehr positiv. Bei den Dienstleistungen gibt es noch Hemmnisse. Wir glauben, dass wir mit einem Ja dem gemeinsamen Markt noch einmal einen Schub verleihen können.
Die Referendumsgegner fürchten eine EU-weite Steuerharmonisierung; Sie nicht?
Ich halte die Steuerharmonisierung nicht für einen besonderen Nervenkitzel. Es kann schon sein, dass Frankreich diese Idee gefällt. Aber es gibt nichts im Lissabon-Vertrag, das zu einer Steuerharmonisierung führen würde. Wir sehen im Gegenteil durch den Vertrag unsere Möglichkeit zu einem Veto gegen alles gefestigt, das direkte Steuern wie die Körperschaftssteuer betrifft. Einer der Gründe, warum wir den Vertrag unterstützen ist ja gerade eben, dass er die Position zur Körperschaftssteuer klarstellt. Hätten wir Lissabon nicht, bliebe da ein Gefühl von Zweifel. Sagen wir nein und Lissabon wird zu Fall gebracht, würden einige der Zugeständnisse, die wir erhalten haben, wieder auf den Tisch kommen und neu verhandelt werden, wenn es zur Ausarbeitung eines neuen EU-Vertrags kommt.