Im Streit zwischen Tirol und der EU wird die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über das umstrittene Fahrverbot für Lkw auf der Inntalautobahn mit Spannung erwartet. Das Verbot sollte nach den Plänen der Landesregierung übermorgen, Freitag, den 1. August in Kraft treten. Die EU-Kommission will die Maßnahme jedoch per Einstweiliger Verfügung verhindern, bevor sie in Kraft tritt.
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Die beantragte Einstweilige Verfügung als Sofortmaßnahme gegen das Fahrverbot wird noch vom EuGH geprüft. Das Verbot sollte auf der A12 zwischen Wörgl und Hall für Lkw gelten, die Abfälle, Müll, Aushub, Zement, Baustoffe sowie chemische Grundstoffe transportieren. Die Tiroler Landesregierung begründet die Maßnahme mit dem Immissionsschutzgesetz Luft. Das sektorale Fahrverbot soll nur für Transit-Lkw gelten, von der Regelung ausgenommen sein sollen heimische Frächter.
Nach Ansicht der Kommission stellt das aber eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit dar und behindert den freien Warenverkehr innerhalb der Union - womit Österreich als Mitgliedstaat gegen EU-Grundrechte verstoße. Daher beschloss die Kommission vergangene Woche eine Klage (wegen Verletzung des EG-Vertrages) gegen Österreich.
Unterdessen wird in Tirol nach Alternativen gesucht. Sollte der EuGH das sektorale Fahrverbot außer Kraft setzen, könnten bei erhöhten Luft-Schadstoffwerten kurzfristige Lkw-Stopps angeordnet werden - Staus wären die Folge. Die Tiroler Grünen fordern daher stattdessen ein "sektorales Fahrverbot II", das nicht für Schwerfahrzeuge mit bestimmten Gütern, sondern für "stinkende Lkw" der Klassen Euro 0 bis Euro 2 gelten soll.
Es solle keine "Verkehrspolitik gegen den Markt" gemacht werden, appellierte gestern SPÖ-EU-Abg. Hannes Swoboda in einem Hintergrundgespräch mit Journalisten in Wien. Swoboda ist auch Mitglied im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments. Das EU-Parlament und der Rat werden im so genannten Vermittlungsausschuss ab September eine Übergangslösung für die österreichische Transitproblematik ausarbeiten. Nach Angaben von Swoboda könnte bereits im November eine Lösung vorliegen. Ende des Jahres läuft die Ökopunkte-Regelung für Österreich aus.
Verkehrskommissarin Loyola de Palacio hatte angekündigt, sollte kein Konsens über eine Transit-Übergangsregelung erzielt werden, sollte die vergangene Woche im Entwurf präsentierte Mautrichtlinie ("Wegekostenrichtlinie") spätestens Anfang nächsten Jahres verabschiedet werden. Letzteres ist jedoch nicht zu erwarten.
Unklarheit herrschte gestern über die ab 31. August geplante deutsche Lkw-Maut, Gerüchte um eine Verschiebung dementierte das Berliner Verkehrsministerium. Die EU-Kommission prüft, wie berichtet, die Maut vor allem wegen der vorgesehenen Entschädigungen für die deutsche Lkw-Branche. Nach Auffassung Brüssels hat die Prüfung eine aufschiebende Wirkung für die Maut, Berlin weist dies zurück.