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EU vor Neustart mit Russland

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Litauen dagegen, aber ohne Veto-Recht. | EU-Außenminister sollen Weg ebnen. | Brüssel. Die EU-Verhandlungen über ein neues Partnerschaftsabkommen mit Russland werden demnächst wieder aufgenommen. Das soll nach Ansicht fast aller Mitgliedsstaaten nach dem Treffen der EU-Außenminister am Montag feststehen.


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Nur Litauen sträubt sich noch vehement: Die russischen Truppen hätten sich immer noch nicht auf die Linien vor Ausbruch des Krieges mit Georgien am 7. August zurückgezogen, heißt es. Das sei laut Beschluss der Staats- und Regierungschefs vom September aber die Bedingung für die Wiederaufnahme der Gespräche. Und dass der russische Präsident Dmitri Medwedew als Antwort auf den US-Raketenschild in Osteuropa die Verlegung von Kurzstreckenraketen nach Kaliningrad ankündigte, sei auch nicht zur Vertrauensbildung geeignet.

Inhaltlich sei Litauen gar nicht isoliert, hieß es in Diplomatenkreisen. Großbritannien, Schweden, Polen, Lettland und Litauen hätten großes Verständnis für die litauische Position. Tatsächlich seien die Bedingungen nicht erfüllt, finden auch sie. Dabei geht es vor allem um die russische Präsenz im Kodori-Tal in der abtrünnigen Region Abchasien und der Alkhagori-Provinz im ebenfalls de facto abgespaltenen Südossetien. Doch auch die Skeptiker gegenüber Moskau treten für weitere Gespräche ein. Die Unterbrechung bringe den Anliegen der EU nichts, hieß es.

Keinesfalls sei eine Rückkehr an den Verhandlungstisch aber eine Rückkehr zu "business as usual", wie es Litauen fälschlicherweise darstelle, sagte ein Diplomat. Russland soll in einer Erklärung darauf hingewiesen werden, dass die Beziehungen auch nach Wiederaufnahme der Gespräche ständig auf dem Prüfstand und die Forderungen der EU unverrückbar bestehen bleiben. Dazu gehört etwa auch der Zugang der EU-Mission in Georgien nach Südossetien und Abchasien. Russland hatte beide völkerrechtlich zu Georgien gehörenden Gebiete als unabhängig anerkannt.

Kritiker ausgetrickst

Formal ist die Zustimmung Litauens gar nicht nötig. Das Verhandlungsmandat der EU-Kommission ist aufrecht, weil die Fortsetzung der Gespräche nur "verschoben", nicht aber "suspendiert" wurden. Mit diesem diplomatischen Trick wird eine neuerliche einstimmige Entscheidung der Mitgliedsstaaten unnötig. Die Sprecherin von Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner erklärte zwar, dass die Kommission die Rückendeckung der Mitgliedsstaaten suche. Doch weder das EU-Vorsitzland Frankreich noch die Brüsseler Behörde wollen sich allein von Litauen stoppen lassen.

Dem Vernehmen nach soll es bereits Vereinbarungen über den nächsten Verhandlungstermin mit Russland geben. Verkünden will ihn angeblich der französische Präsident Nicolas Sarkozy beim Treffen mit Medwedew Ende der Woche.